Wirtschaft
anders denken.

Fußball wird ordentlich konsumiert

29.03.2016
11 Milliarden Euro geben deutsche Privathaushalte pro Jahr für Fußball aus.Das Spiel, in dem 22 Spieler 90 Minuten einem Ball hinterherrennen – und am Ende gewinnt...

Für den Konsum des Produktes Fußball geben die Deutschen jährlich mehr aus als für humanitäre Spenden.

Was Fußball ist? Vom englischen Stürmerstar Gary Lineker stammt eine populäre Definition, derzufolge es sich um ein Spiel handelt, in dem 22 Spieler für 90 Minuten einem Ball hinterherrennen – und am Ende gewinnt Deutschland. Das ist nicht immer so, wie die 3 zu 2 Niederlage der Bundeskicker gegen England am Ostersamstag zeigte. Fußball ist aber ohnehin mehr als die schönste Nebensache der Welt – nämlich eine riesige Geldmaschine.

Wie groß, das zeigte unlängst ein Gutachten des Wirtschaftsministeriums für den Gesprächskreis Sportwirtschaft. »Volkswirtschaftlich gesehen wird Fußball nicht nur gespielt und geschaut, sondern wie ein Produkt produziert und konsumiert«, heißt es in dem Gutachten. »Die Vereine, die Ligaclubs, die Sportartikelindustrie und die Medienanstalten ›produzieren‹ den Fußball.« Finanziert wird diese »Fußball-Produktion« im Wesentlichen von den privaten Haushalten. Sie haben 2010 – auf dieses Jahr stützt sich der Bericht – elf Milliarden Euro ausgegeben.

Spielen: 5,5 Milliarden, Schauen: auch 5,5 Milliarden

Aktives Spielen und passiver Konsum sind dabei etwa gleich groß: Rund 5,5 Milliarden Euro haben die rund zehn Millionen KickerInnen für ihren Sport ausgegeben, rund 5,5 Milliarden Euro wurden von den etwa 14 Millionen ZuschauerInnen in Zusammenhang mit dem Profifußball bezahlt. Allein die Bundesliga erzielte in der letzten Saison einen neuen Rekordumsatz von 2,6 Milliarden Euro. Etwa 1,7 Milliarden Euro flossen darüber hinaus von Konzernen und Firmen in das Sponsoring, weitere 4,2 Milliarden Euro kostet die Förderung von Vereinen und Spielstätten durch die öffentliche Hand.

Zum Vergleich: Skisport und Snowboardfahren schlägt bei den Ausgaben der privaten Haushalte mit 10,5 Milliarden jährlich zu Buche – fast so viel wie für den Fußball. Für Laufen, Wandern, Radsport und Schwimmen zusammen geben private Haushalte jährlich rund 23 Milliarden aus. Insgesamt belaufen sich die »sportbezogenen Ausgaben« der privaten Haushalte auf rund 93 Milliarden Euro pro Jahr.

Und noch ein Vergleich an dieser Stelle: Im vergangenen Jahr haben die BundesbürgerInnen für Spenden zu Gunsten humanitärer Projekte, globaler Solidarität und für die Opfer von Naturkatastrophen zwischen 5,4 (Spendenrat) und sieben Milliarden Euro (Deutsches Institut für soziale Fragen) ausgegeben. Die Summe der Privatspenden lag 2015 so hoch wie nie zuvor – und beträgt doch deutlich weniger als die Ausgaben der privaten Haushalte für Fußball.

Geschrieben von:

Tom Strohschneider

Journalist

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