Wirtschaft
anders denken.

Journalismus – die neue Sparte von Unternehmen

09.06.2016
Wayne aus dem Film Wayne's World mit einer Pizza aus einem Pizza Hut Karton.Foto: screenshotProduct Placement ist so 90er. Content Marketing ist der neue Trend.

Es bleibt im Kopf. Durch Content Marketing versuchen Unternehmen subversiv in den Köpfen ihrer (potenziellen) Kunden und Konsumenten zu bleiben. Wie gefährlich das für den Journalismus ist, zeigt eine neue Studie.

Der Gedanke muss erst einmal in den Kopf kommen – auch wenn es einer ist, der gar nicht den eigenen Interessen, sondern denen von Unternehmen entspricht. Wie das zu Gunsten unternehmerischer Sichtweisen funktioniert, zeigt jetzt eine neue Studie der gewerkschaftsnahen Otto Brenner Stiftung: Konzerne produzieren im großen Stil eigene »journalistische« Publikationen und versuchen so, ihre Kunden und Konsumenten verstärkt besonders online direkt »zu erreichen«. Auf diese Weise, so die vom Würzburger Kommunikationsforscher Lutz Frühbrodt vorgelegte Untersuchung, »beeinflussen sie die öffentliche Meinung und gefährden den unabhängigen Journalismus«. Das so genannte Content Marketing gehört seit einigen Jahren bei großen Firmen zum Instrumentenkasten der Beeinflussung. Diese Art von »Unternehmensjournalismus« werde inzwischen vor allem über digitale Kanäle wie Internet-Themenseiten, Blogs, Videos und Apps verbreitet, so die Studie.

Laut Frühbrodt würden alle 30 DAX-Konzerne Methoden und Instrumente des Content Marketing einsetzen, allerdings »in unterschiedlichem Ausmaß«. Als besonders aktiv hätten sich die Deutsche Post DHL Group, die Deutsche Telekom, der Wasch- und Pflegemittelhersteller Henkel, der Technologiekonzern Siemens sowie die Automobilhersteller Daimler, BMW und Volkswagen erwiesen. Das Content Marketing ist laut Frühbrodt »in erster Linie als Ersatz für klassische Werbemethoden, die die Mediennutzer immer weniger erreichen«. Eine mögliche Folge: Der Einfluss der Konzerne auf die öffentliche Meinungsbildung könnte »noch größer werden«.

»Der klassische Journalismus befindet sich eh schon stark unter Druck, vor allem durch das Aufkommen von mehr oder minder professionellen Blogs und Kommunikationsnetzwerken«, sagt Frühbrodt. »Die Unternehmen setzen mit ihren eigenen Publikationen vor allem beim Lifestyle- und Verbraucherjournalismus an. Es gibt aber auch schon erste Tendenzen, sich in politische Debatten einzumischen.« Der Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung, Jupp Legrand, warnte mit Blick auf die Studie vor den Gefahren, wenn sich unternehmenseigene Medien ausbreiten und in die Bastionen des klassischen Journalismus vordringen. »Die Zunahme des ›Unternehmensjournalismus‹ ist ein Indikator dafür, dass die Unabhängigkeit des Journalismus gefährdet ist und damit – langfristig – eine wichtige Säule der Demokratie«, so Legrand.

Kommunikationsexperte Frühbrodt, der die Studie zusammen mit der Berliner Kommunikationsberaterin Annette Floren verfasst hat, plädiert angesichts der Forschungsergebnisse für einen »Verhaltenskodex für das Content Marketing«. Mit diesem solle von den Produzenten unter anderem vollständige Transparenz eingefordert werden – dies »sei dringend geboten«, weil große Teile der Medienrezipienten zwar solche Angebote nutzten, das Phänomen des Content Marketing und damit sein Ziel der subtilen Beeinflussung aber noch nicht kennen würden.

Geschrieben von:

Anonyme OXI-AutorInnen

AutorIn

Hinweis

Guter Journalismus ist nicht umsonst…

Die Inhalte auf oxiblog.de sind grundsätzlich kostenlos. Aber auch wir brauchen finanzielle Ressourcen, um oxiblog.de mit journalistischen Inhalten zu füllen. Unterstützen Sie OXI und machen Sie unabhängigen, linken Wirtschaftsjournalismus möglich.

Zahlungsmethode

Betrag