Wirtschaft
anders denken.

Autobauer erreichen Klimaziele nicht

28.03.2020
SD-Pictures/pixabay.com

Die europäischen Neuwagen verursachen noch immer zu hohe CO2-Emissionen. Eine Studie zeigt auch die Mängel der Klimapolitik der Heimatländer der Konzerne.

Wegen der Corona-Krise stehen bei immer mehr Autobauern die Bänder still. Ob BMW, Volkswagen oder Daimler – das neue Corona-Virus wirkt sich massiv auf die Produktion aus. Gleichzeitig legt das Virus ganze Gesellschaften lahm. Was Beschäftigten, Managern und Anlegern Sorgen bereitet, könnte positive Klimafolgen haben. Arbeiten mehr Menschen von zuhause und fahren weniger ins Kino, zum Fußball oder ins Theater, gibt es auch weniger Autoverkehr. Und das bedeutet: Die CO2-Emissionen sinken.

Denn trotz der Klimakrise verursachen die Neuwagen deutscher und europäischer Hersteller noch immer zu hohe CO2-Emissionen. Die Emissionsminderungsziele der Autobauer tragen nicht ausreichend zur Erreichung der Pariser Klimaziele bei. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Transition Pathway Initiative, die von 60 Fondsmanagern – darunter die Allianz, UBS und Union Investment – unterstützt wird. Nur die Reduktionsziele von Daimler folgen einem Pfad, der die globale Erwärmung auf 2 Grad oder weniger beschränken würde.

Die Transition Pathway Initiative (TPI) hat berechnet, wie hoch die Emissionen heute noch sein dürfen und wie stark sie sinken müssten, um die Ziele des Pariser Klimaabkommen zu erreichen. Schon heute liegen die CO2-Emissionen der Neuwagen von Daimler, BMW und Volkswagen knapp über den laut Minderungspfad noch erlaubten Emissionen. Überraschender ist, dass sogar die selbstgesteckten Minderungsziele von 20 der 22 untersuchten Marken nicht mit dem Pariser Klimaziel vereinbar sind. Einzig Daimler hat ein ausreichend hohes Ziel. Die Minderungsziele von Volkswagen, Renault, der PSA Gruppe unter anderem mit den Marken Peugeot und Opel, und BMW sind laut TPI nicht ambitioniert genug. Tesla hingegen spielt in einer anderen Liga, da das Unternehmen keine Verbrenner verkauft. Da circa drei Viertel der gesamten sogenannten Lebenszyklus-Emissionen eines Autos bei der Nutzung, also durch die Verbrennung von Diesel und Benzin, anfallen, hat sich die TPI auf diese Emissionen fokussiert. Emissionen aus der Herstellung der Ausgangsgüter und der Produktion in der Fabrik bleiben außen vor.

Die TPI-Analyse zeigt auch die Mängel der Klimapolitik der Heimatländer der Autokonzerne auf. Sieben der untersuchten Konzerne haben ihre Emissions-Minderungsziele immerhin an die von ihrer jeweiligen Regierung vorgegebenen Klimaziele orientiert, die bis 2030 erreicht werden sollen. Darunter Volkswagen, Toyota, Renault und die PSA Gruppe. Doch auch diese nationalen Klimaziele sind zu ambitionslos, um das Pariser Klimaziel zu erreichen. Dabei besteht die Gefahr, dass sich die Autokonzerne hinter den ambitionslosen Klimazielen ihrer Heimatländer verstecken. Mehr als die Hälfte der untersuchten Autokonzerne, darunter BMW, Ford und General Motors verfehlen mit ihren Minderungszielen jedoch selbst die nicht ausreichenden nationalen Klimaziele.

Die Ergebnisse von TPI bestätigen damit den langjährigen Emissions-Trend des Verkehrssektors. In Deutschland sind die Emissionen dieses Sektors zwischen 1990 und 2019 nur um etwa ein Prozent gesunken, wie vorläufige Zahlen des Umweltbundesamt, die im März 2020 vorgelegt wurden, belegen. Sanken die Emissionen in den 2000er Jahren noch merklich, wurde dieser Trend in den 2010er Jahren ins Gegenteil verkehrt. Effizienzgewinne durch verbrauchsärmere Motoren wurden durch einen kontinuierlichen Anstieg der zurückgelegten Personenkilometer zunichtegemacht. Ein weiterer Grund für wieder ansteigende Emissionen ist der Trend zu immer schwereren Autos. Im letzten Jahr war schon jedes fünfte neu zugelassene Auto ein SUV. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2014 stammten weniger als die Hälfte der Neuzulassungen aus diesem Produktsegment. Gemeinsam mit Geländewagen machen die SUVs in Deutschland mittlerweile ein Drittel der Neuzulassungen aus.

Auch Volkswagen verhageln die SUVs die Emissionsbilanz. Am 17. März veröffentlichte der Konzern seinen Nachhaltigkeitsbericht für das Jahr 2019. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen der Neuwagen der VW-Gruppe erhöhten sich demnach im Vergleich zu 2018 von 123 Gramm CO2 pro Kilometer auf 124. Schon zwischen 2017 und 2018 gab es einen leichten Anstieg. Der Anstieg wird der erhöhten Nachfrage nach SUVs zugeschrieben. VW hat das Ziel, die Emissionen seiner Neuwagen bis 2025 um 30 Prozent zu senken – hier allerdings zum Vergleichsjahr 2015. Zieht man die Emissionswerte der Transition Pathway Initiative für VW heran, die von Regulatoren erhoben wurden, müsste VW die CO2-Emissionen seiner Fahrzeuge bis 2025 lediglich auf 101 Gramm pro Kilometer reduzieren. Damit läge VW noch immer knapp über dem von TPI errechneten Pfad zur Erreichung des 2-Grad-Ziels des Pariser Klimavertrags (99 Gramm CO2 pro Kilometer in 2025).

Die Transition Pathway Initiative wird von 60 Investoren und Vermögensverwaltern unterstützt. Darunter sind große Namen wie die Allianz, der Pensionsfonds der Kirche von England, UBS, Pimco oder die Union Investment. Die Unterstützer verwalten über 18 Billionen US-Dollar an Vermögen. Das Ziel ist es jedoch nicht, die Aktien besonders klimaschädlicher Konzerne grundlegend abzustoßen. Vielmehr stellt die TPI Vermögensverwaltern und Investoren Informationen zur Verfügung, um Aktiengesellschaften aktiv zu mehr Klimaschutz zu bewegen.

Geschrieben von:

Nico Beckert

Nico Beckert engagiert sich bei PowerShift e.V. für eine andere Handels-, Rohstoff- und Klimapolitik

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