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Berlins Bestreben: Auszahlung der letzten Tranche für Griechenland liegt auf Eis

13.07.2018
Grafik: Common.eG

Die Auszahlung der letzten Tranche aus dem dritten Kreditprogramm an Griechenland liegt auf Eis. »Berlin blockiert«, titelt die FAZ dazu, in der Zeitung »Kathimerini« heißt es in ähnlicher Diktion »Germany blocks disbursement of last tranche«. 

Die Hängepartie kommt überraschend. Am Donnerstag war das Thema Griechenland beim Treffen der Eurogruppe aufgerufen worden, Bundesfinanzminister Olaf Scholz hatte dort laut Medienberichten erklärt, vor einer Freigabe der Tranche müsse der Bundestag noch einmal dem Abschluss des Kreditprogramms zustimmen, da die Vereinbarung zwischen Athen und den Gläubigern in einem Punkt noch einmal verändert worden war. Scholz seien »die Hände gebunden« gewesen, schreibt die FAZ.

Ein etwas anderer Tenor findet sich in der konservativen Athener Zeitung »Kathimerini«, wo es heißt: »Der Betrag mag unbedeutend erscheinen, aber die deutsche Regierung war bestrebt, Athen mitzuteilen, dass sie in Zukunft keine Abweichungen vom Programm tolerieren wird.«

Grund sind 28 Millionen Euro. Athen hatte sich entschieden, die mit den Gläubigern vereinbarte Anhebung der Mehrwertsteuer auf fünf Inseln um ein halbes Jahr zu verschieben. Der 30-prozentige Mehrwertsteuernachlasses auf Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos werde nun im Januar 2019 auslaufen, so Athens Finanzminister Efklidis Tsakalotos. Dadurch entstehen Steuerausfälle in dem Umfang, wird erwartet. Diese, so hat es die griechische Regierung erklärt, werde man an anderer Stelle einsparen. Auch EU-Währungskommissar Pierre Moscovici sagte, an der Haushaltslage ändere sich nichts, »28 Millionen Euro sind ein sehr geringer Betrag«.

Eurogruppenchef Mário Centeno ließ nach dem Treffen der Finanzminister am Donnerstagabend mitteilen, die Aktualisierung des Memorandum sei von 18 Ländern bereits ratifiziert worden – nur von Berlin nicht. »Die endgültige Entscheidung über den förmlichen Abschluss der Überprüfung und die Freigabe der Auszahlung kann getroffen werden, sobald alle nationalen Verfahren abgeschlossen sind. Ich gehe davon aus, dass dies Anfang August geschehen wird«, so Centeo.

Wie »Kathimerini« schreibt, hat die Verschiebung für Athen offenbar Konsequenzen. »Die griechischen Banken verlieren durch den Verzicht der Europäischen Zentralbank auf griechische Staatsanleihen den Zugang zu billiger Liquidität, während das Land die Chance verliert, am Anleihenkaufprogramm der EZB teilzunehmen.«

Aus der FDP waren schon zuvor Rufe nach einer Sondersitzung des Haushaltsausschusses im Bundestag laut geworden. Wie die FAZ schreibt, habe der als Eurokritiker bekannte Abgeordnete Frank Schäffler dies mit Vorwürfen gegen die SYRIZA-geführte Koalition verbunden, es sei »offensichtlich, dass die Regierung Tsipras erneut die Staatengemeinschaft hinter die Fichte führen will«. Spiegel online zitiert den FDP-Politiker Otto Fricke mit den Worten: »Es muss im Interesse Europas ganz schnell ausgeräumt werden, dass es hier irgendwelche Zusagen an die griechische Regierung im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik gegeben hat.«

Angela Merkel habe gegenüber Haushaltspolitikern der Union dementiert, »dass man Absprachen getroffen habe. Griechenland gehört aber zu den Ländern, mit denen Merkel Rückführungsabkommen für Flüchtlinge schließen will«, so das Portal. Bereits vor einigen Tagen hatte die »Welt« einen möglichen Zusammenhang zwischen der Verschiebung in Sachen Mehrwertsteuer und der europäischen Debatte über Migrationsfragen hergestellt. sei »Es davon die Rede, dass die Deutschen beim Europäischen Rat angeblich ein Auge zudrückten, weil sie Premier Tsipras für ihren europäischen Flüchtlingsdeal brauchen«. 

Geschrieben von:

Vincent Körner

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