Wirtschaft
anders denken.

»Dafür, dass das Geschäft weiter brummt«: Die Arbeitsagentur macht Erwerbslosigkeit zum Spiel

12.06.2018
aus dem Trailer

Ein kleines Game für Marketingzwecke? Machen inzwischen viele, nun versucht es also auch die Bundesagentur für Arbeit. Dabei zeigt der Trailer zu »Amtliche Helden« vor allem eins: Wie eine Behörde tickt, die es für eine Werbeidee hält, Erwerbslosigkeit zum Spiel zu machen.

»Lisa ist Friseurin in Posemuckel«, so startet der Trailer zum »Management-Spiel« der Bundesagentur für Arbeit an und man denkt: Das geht ja schon mal gut los. Frau, Friseurin – ist ja klar. Lisa hat ein gesundheitliches Problem und muss deshalb ihren Job aufgeben. Bingo! Leute verlieren ihre Anstellung ja auch nie aus anderen Gründen. Die Ex-Friseurin Lisa jedenfalls »macht weiter und will einen neuen Job«. Nicht, dass man hier den pädagogischen Impetus einer Behörde heraushört, die gern darauf verweist, dass die Erwerbslosen sich doch bitte sehr zu bemühen haben, zur Verfügung stehen und möglichst alles für zumutbar halten sollen.

So wie Lisa? Doch die »ist nur eine von vielen in Posemuckel, die einen Job suchen«. Interessanter Punkt: Warum ist das so, womit könnte das zusammenhängen? Im Trailer zum »Management-Spiel« wird man durch eine Frage auf eine Spur gebracht: »Aber wird sie einen neuen finden?« Suchen und finden, so läuft das auf dem Arbeitsmarkt. Und wer gefunden werden will, braucht jemand anderen der sucht: »Das sind die Arbeitgeber von Posemuckel.«

Während die Fernsehstimme diesen Satz sagt, sehen wir Männer und eine Person, die offenbar eine Frau in einer Art Anzug darstellen soll. Arbeitgeber, männliche Attribute – ist ja klar. Ob man bei der Bundesagentur Zeitung liest? Man hätte die das Spiel produzierende Firma dann vielleicht darauf hinweisen können, dass seit, sagen wir: 60 Jahren, eine Debatte über solche Geschlechterstereotype läuft.

Apropos: Lisa und die vielen anderen Erwerbslosen von Posemuckel suchen also einen Job und es gibt diese Anzug tragenden »Arbeitgeber«, die darauf aus sind, Lisas Arbeit zu nehmen, weil das Mehrwert schafft und ohne den ist es auch Mist im Kapitalismus. Das Problem scheint in Posemuckel aber gar nicht zu existieren. Wir erfahren: »Gerade brummt das Geschäft.« Und man fragt sich, warum dann Lisa und die anderen erwerbslos sind.

»Viele Stellen sind aber unbesetzt.« Ja warum? Irgendwas scheint mit dem Suchen und dem Finden nicht zu stimmen, die einen suchen offenbar etwas, was die anderen nicht finden wollen. Das ist sozusagen die große Herausforderung in dem Spiel, und wenn man nicht ohnehin schon wüsste, dass die Arbeitsagentur vor allem eine Einrichtung dafür ist, denen, die Arbeitgeber heißen diejenige Arbeitskraft zuzuführen, die sie für ihre Zwecke brauchen, sagen wir: aus G über W dann G’ zu machen.

Im Trailer zu dem Spiel heißt die Herausforderung ein bisschen anders, aber die »Arbeitgeber« werden sich um all die Sorge freuen: »Werden sie ihre Aufträge weiterhin erfüllen können?« Merke: Leute werden arbeitslos und die Agentur sorgt dann dafür, dass unbesetzte Stellen wieder mit den richtigen Leuten besetzt werden, wofür Lisa natürlich etwas tun muss, und das alles, damit die »Arbeitgeber« ihre »Aufträge weiterhin erfüllen können«. Oder, nochmal der Trailer: »Bringe Lisa und all die anderen in den richtigen Job und sorge dafür, dass das Geschäft weiter brummt.«

Und was ist nun das Ziel des Spiels? Sie sollen, nein: nicht arbeitslos werden, sondern »deine eigene Arbeitsagentur« aufbauen. Viele werden schon sehr lange davon geträumt haben. Es gibt einen kleinen Text zu all dem und darin heißt es: »Im Stil von bekannten Spiele-Klassikern müssen erst die Büros auf Vordermann gebracht, dann Angestellte eingestellt und zuletzt alle Abläufe so optimiert werden, dass keiner der liebenswürdigen und skurrilen Bewohnerinnen und Bewohner ohne Perspektive bleibt.« Abläufe optimieren! Man weiß ja, was dabei rauskommt.

Man ist nach 1:48 Minuten schon ein bisschen baff über die Unbekümmertheit, mit der eine Behörde hier über ihre Denkweise Auskunft gibt. Das geht schon damit los, Erwerbslosigkeit überhaupt zu einem Spiel zu machen. Das geht weiter indem praktisch alles, was das antagonistische Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit ausmacht, hier hinter einer bunten Trickfilmfassade zum Verschwinden gebracht wird. Und das hört noch nicht damit auf, dass hier fragwürdige Bilder von sozialen Figuren, von gesellschaftlichen Fragen reproduziert werden.

»Bringe Menschen und Arbeit zusammen«, fordert der Trailer zum Spiel heraus, ein Spiel, das in der Rubrik »Karriere« auf der Website der Bundesagentur steht, also kommende Arbeitsvermittler anziehen soll. »Bringe Menschen und Arbeit zusammen« – zum großen Stelldichein der Interessenidentität, weil die einen suchen und die anderen finden wollen und umgekehrt. Damit ein »Geschäft weiter brummt«, das bei allem Brummen nach einer Bürokratie verlangt, um die »vielen« behördlich zu beackern, die trotzdem (oder deshalb?) erwerbslos sind. Nicht nur in Posemuckel. »Die Spiele-App ›Amtliche Helden‹ macht’s möglich.«

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