Wirtschaft
anders denken.

»Das Gegenteil der FAZ-These ist richtig«: Warum sich Hartz keineswegs »mehr lohnt« als Arbeit 

09.04.2018
Sebastian Rittau, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Die »Frankfurter Allgemeine« behauptet: »Hartz IV lohnt sich oft mehr als Arbeit«. Das macht Schlagzeilen, die sich zu einer Stimmung gegen Erwerbslose und die Höhe des Arbeitslosengeldes verdichtet. Doch die Rechnung ist falsch, werden alle Sozialleistungen einbezogen, kommt das Gegenteil der FAZ-These heraus. 

»Hartz IV lohnt sich oft mehr als Arbeit«, hieß es unlängst in der »Frankfurter Allgemeinen«. Der Bericht machte Schlagzeilen – und sorgte für Kritik. »Abstruse Berechnungen, die dann auch noch viele übernehmen«, beklagte der Sozialexperte Stefan Sell und sprach von einem »schrägen Vergleich zwischen Hartz IV und Arbeitseinkommen«. Auch auf dem Portal »Makronom« kommentierte Sell die »irreführende Berechnungen«.

In einem umfangreichen Papier hat nun auch Alexander Recht »die Fehler der FAZ bei Hartz IV« unter die Lupe genommen – auch er kommt zu einem sehr kritischen Urteil und setzt eigene Berechnungen dagegen, die zu ganz anderen Ergebnissen führen.

»Das Ansinnen des FAZ-Artikels besteht darin zu zeigen, dass es selbst Personen mit mittlerem Einkommen angeblich nicht schaffen würden, über das Gesamteinkommen von Hartz-IV-Empfänger*innen hinauszukommen«, so Alexander Recht. »Die Moral: Der Anreiz zur Aufnahme von Erwerbstätigkeit sei selbst bei Personen mittleren Arbeitseinkommens gering.«

Doch in allen drei Beispielrechnungen der »Frankfurter Allgemeinen« würden »das Prinzip der Aufstockung und die Möglichkeit des Bezugs von Wohngeld ignoriert. Was noch schwerer wiegt, ist die Ausblendung des Kindergeldbezugs«, welche die FAZ selbst in einer Anmerkung korrigiert hat: Das Kindergeld bei einer mehrköpfigen Familie mitgerechnet, »dürfte der Arbeitnehmerhaushalt mit den ihm zustehenden Sozialleistungen finanziell insgesamt noch leicht im Vorteil sein«. Dazu Alexander Recht: »Dennoch bleibt die Rechnung unstimmig, denn in allen drei Beispielrechnungen werden das Prinzip der Aufstockung und die Möglichkeit des Bezugs von Wohngeld ignoriert.«

Würde diese Optionen berücksichtigt, »kommt man jedoch zum Ergebnis, dass die FAZ-Paare mit vergleichsweise mittlerem Lohneinkommen ein deutlich höheres verfügbares Nettoeinkommen erzielen als ein Paar zweier Erwerbsloser. Außerdem verfügen selbst Paare mit relativ geringem Lohneinkommen infolge von Aufstockung über mehr Nettoeinkommen als ein Paar zweier Erwerbsloser. Dieser Befund ist das Gegenteil der FAZ-These«, so Alexander Recht.

Er hat nun »berechnet, welches Bruttoarbeitseinkommen denn ein Paar mit einer erwerbstätigen Person tatsächlich erzielen muss, sodass unter Beachtung von Kindergeld das verfügbare Einkommen so hoch ist wie das Transfereinkommen eines erwerbslosen Paares. Es kann gezeigt werden, dass in diesen Fällen das verfügbare Einkommen nach Wohngeld oder Aufstockung immer größer ist als das Transfereinkommen des erwerbslosen Paares und dass die Aufstockung eine bessere Position bietet als das Wohngeld«. Das 24-seitige Zahlenmaterial ist hier als PDF abrufbar.

Geschrieben von:

Alexander Recht

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