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Wenn in deutschen Zeitungen Manager und Unternehmer zu Wort kommen, hat man häufig den Eindruck, es mit einer sprechenden Werbeanzeige zu tun zu haben. Jüngstes Beispiel: das Interview mit Amazon-Manager Ralf Kleber in der Süddeutschen Zeitung.
»Ein Picker oder Packer in unserem Logistikzentrum verdient bei uns nach einem Jahr 2.300 Euro im Monat. Das ist ein attraktives und wettbewerbsfähiges Gehalt. Damit müssen wir uns auch nicht der Polemik stellen.« (Ralf Kleber, Chef Amazon-Deutschland in der SZ vom 25./26. Mai 2016)
Zwischen Selbstdarstellung und Darstellung von Managern, Geschäftsführern, Inhabern, Vorstandsvorsitzenden in den Medien (hier wird bewusst auf die weibliche Form verzichtet) ist der Unterschied inzwischen klein geworden. Die Großen der Wirtschaft können und dürfen Interviews dazu nutzen, ihre Werbebotschaften zu verbreiten, und meist gelingt den Interviewenden nur, dass so einer am Ende dasteht, als sei er gerade dabei, die Welt zu retten.
Wie der Amazon-Deutschland-Chef die Welt rettet
In einem fast ganzseitigen Interview, das die Süddeutsche Zeitung mit Ralf Kleber führte, der Amazon-Deutschland leitet, ist das Mitgefühl ganz bei dem Kollegen – er hatte keine Chance. Man kann der Zeitung nicht einmal vorwerfen, keine kritischen Fragen gestellt zu haben. Nur ist nach anderthalb Spalten klar, dass es wohl eher möglich ist, einen Pudding an die Wand zu nageln, als Kleber dazu zu bringen, mehr als Marketing-Botschaften zu verkünden. Und der Mann steht synonym für viele, was die Frage aufwirft, wie sinnvoll die Form des Interviews mit den Großen dieser Wirtschaftswelt noch ist, wenn sie uns, in Kommunikationstechniken geschult und gefangen in der eigenen Hybris, gar nichts Wahres erzählen.
Eine Methode der Manipulation beherrscht der Amazon-Deutschland-Chef perfekt: die der Wiederholung: »Der Kunde hat sich völlig verändert. Er weiß heute, von welchem Bauernhof das Ei kommt und wann der Bauer Geburtstag hat. Diese Transparenz hat es vor zehn Jahren nicht gegeben. (…) Uns unterscheidet von anderen im Wesentlichen, dass wir alles vom Kunden aus denken und völlig transparent sind. (…) Für Kunden ist diese Transparenz relevant. (…) Das ist doch in Ordnung. Denn das ist transparent. Der Kunde soll selbst entscheiden, ob er kauft, nicht kauft oder wartet. (…) Alles, was wir brauchen, sind transparente Informationen.«
Eine Methode der Manipulation beherrscht der Amazon-Deutschland-Chef perfekt: die der Wiederholung.
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Das Ganze auf kurzem Raum – so viel Transparenz, um Botschaften zu vermitteln, die auch in einer Werbebroschüre stehen könnten. Dass Kleber dies tut, ist ihm nicht vorzuwerfen. Dass es abgedruckt wird – nun ja. Repetition – also Wiederholung – ist eine der einfachsten und wirkungsvollsten Manipulationstechniken. Sie spricht uns emotional an. Wer kennt nicht die Filmszenen, in denen der Angeklagte nach der Urteilsverkündung immer wieder in den Gerichtssaal ruft: »Ich bin unschuldig!«. Das berührt uns, und es macht mit uns genau das, was Ralf Kleber beabsichtigt: Wir glauben dem Mann. Amazon ist transparent. Und wir fragen uns auch gar nicht mehr, was eigentlich transparente Informationen sind? Und wie intransparent eine Information überhaupt sein kann?
Nochmal Kleber: »Und außerdem denken wir nicht in Kategorien von Risiko und Gefahr. Wir schauen immer, was wir für den Kunden besser machen können. Das ist doch ganz normaler Wettbewerb.« Leider bleibt dieser Unsinn im Interview unhinterfragt stehen. Kleber hat es auch ohne bezahlte Anzeige geschafft zu vermitteln, dass es Amazon nicht ums Geld, sondern nur um die Kunden geht.
Schlusswort Kleber: »Wir sind voll im Recycling-Prozess integriert und erstatten Flaschenpfand.«
Danke, sehr aufschlussreich.
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