DGB: Corona-Zeiten verstärken ungleiche Verteilung
Der DGB berichtet über steigende ungleiche Verteilung von Lohn und Vermögen durch Corona. Im OXI Blog stellt der Gewerkschaftsbund seine neuste Publikation vor.
Die Corona-Krise trifft alle, aber nicht alle gleichermaßen. Das ist das Ergebnis des DGB-Verteilungsberichtes 2021 mit dem Untertitel „Ungleichheit in Zeiten von Corona“. Anders als in anderen Krisen, die auch immer gewissermaßen als Gleichmacher gewirkt haben, ist diese Pandemie ein Brennglas für ökonomische Ungleichheit. Vor allem ärmere Haushalte mussten und müssen nach wie vor die Hauptlast tragen, denn die finanziellen Einbußen waren bei ihnen erheblich – z.B. durch Arbeitslosigkeit, Arbeitszeitverkürzung oder Kurzarbeit. So erlitten etwa 50 Prozent der Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 900 Euro finanzielle Einbußen , während dies unter wohlhabenderen Haushalten nur bei 26 Prozent der Fall ist. Die Einkommensarmut ist kein Randphänomen, sondern stellt ein gesamtgesellschaftliches Problem dar. Derzeit gilt jede/r Sechste als einkommensarm. Besonders Frauen sowie junge und ältere Menschen weisen ein erhöhtes Risiko auf, in Armut zu geraten.
Superreiche haben ihr Vermögen wegen Corona vermehrt
In jeder Krise gibt es auch Gewinner. Auch bei den Vermögen offenbart sich eine starke Polarisierung. Es zeigt sich, dass Superreiche trotz oder vielmehr wegen Corona ihr Vermögen vermehren konnten.
So belegen aktuelle Zahlen, dass sich das private Vermögen hierzulande auf einem Allzeithoch bewegt. Das vermögendste Prozent besitzt genauso viel Nettovermögen wie rund 87 Prozent der Bevölkerung. Mit dieser Konzentration rangiert die Bundesrepublik in der Spitzengruppe (siehe Abbildung). Unter 100.000 Bundesbürger/innen gibt es durchschnittlich 10 Personen mit einem Vermögen von mehr als 50 Millionen US-Dollar. Ein/e Arbeitnehmer/in mit einem durchschnittlichen Nettojahreseinkommen müsste für dieses Vermögen insgesamt 2.000 Jahre unentwegt arbeiten, ohne in der Zeit auch nur einen Cent ausgeben zu dürfen. Im Ergebnis hat sich das gesamte Vermögen in Deutschland seit der Jahrtausendwende verdoppelt. Das reichste Prozent der hiesigen Bevölkerung besitzt sagenhafte 3,8 Billionen Euro, das entspricht mehr als dem jährlichen Bruttoinlandsprodukts Deutschlands. Mit der Konzentration der Vermögen geht oftmals auch eine Konzentration politischer Macht einher. Somit wird Reichtum ebenso zum Demokratieproblem.
Soziale Verwerfungen durch Corona
Die Verschärfung der Ungleichheit hat weitere Dimensionen. Denn Corona wirkt auch unter dem Gesundheitsaspekt ungleich. Ärmere Haushalte haben ein fast doppelt so hohes Risiko, wegen Corona ins Krankenhaus zu müssen wie Besserverdienende. Die Schulschließungen und der damit verbundene Wegfall des Präsenzunterrichts hat die soziale Schere im Schulsystem noch weiter geöffnet. Gerade durch die weitgehend ungebrochenen Trends bei den Wohnkosten trägt auch dieser Bereich zur Verschärfung der Ungleichheit bei. Denn während viele Menschen in der Corona-Krise enorme Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, blieben ihre Mieten weiterhin auf sehr hohem Niveau.
Reiche müssen einen stärkeren Beitrag leisten
Der DGB-Verteilungsbericht 2021 belegt: Die Ungleichheit ist in Deutschland sehr groß. Dies schadet Gesellschaft, Wirtschaft und dem sozialen Zusammenhalt gleichermaßen. Die Gründe für die schiefe Verteilung liegen auf der Hand. Ungleichheit ist kein Naturgesetz, sondern Folge jahrelanger Umverteilung von unten nach oben.
Die Bekämpfung der Ungleichheit ist eine der zentralen Fragen unserer Zeit. Deutschland hat gewaltige Herausforderungen durch die Corona-Krise zu bewältigen. Auch der Strukturwandel und die Transformation unserer Wirtschaft stellen Herkulesaufgaben dar. All dies kann nur gelingen, wenn Reiche und Vermögende stärker ihren Beitrag dazu leisten.
Auch deshalb benötigen wir eine steuerpolitische Kehrtwende, mit einer reformierten Erbschaftsteuer und Vermögensteuer sowie mit einer gerechteren Einkommenssteuer, die untere und mittlere Einkommen entlastet und sehr hohe Einkommen stärker heranzieht. Darüber hinaus hat Deutschland noch immer den größten Niedriglohnsektor Europas. Etwa ein Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist atypisch oder prekär beschäftigt. Solche Beschäftigungsformen zeichnen sich durch ein erhöhtes Armutsrisiko aus, denn diese wird in der Regel schlechter bezahlt.
Das wichtigste Instrument gegen Niedriglöhne sind Tarifverträge zur Regelung von Entgelt- und Arbeitsbedingungen sowie allgemein eine hohe Tarifbindung. Die Politik muss sich endlich für bessere Rahmenbedingungen und eine Stärkung der Tarifbindung einsetzen. Auch brauchen wir einen Mindestlohn, der existenzsichernd ist. Von steigenden Reallöhnen gehen kräftige Impulse für den Konsum und damit das Wachstum aus.
Die Menschen in Deutschland sehen sich auch mit großen Zukunftssorgen konfrontiert. Dazu gehört die berechtigte Angst vor sozialem Abstieg und Armut im Alter. Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sind weitreichend beschnitten worden. Jetzt muss die gesetzliche Rente auch langfristig gestärkt werden. Dabei geht es nicht nur darum, das Rentenniveau zu stabilisieren und im weiteren Schritt wieder anzuheben. Es geht auch darum, den Sozialausgleich zu stärken und Lücken bei den Übergängen in die Rente zu schließen.
Der DGB-Verteilungsbericht 2021 (96 Seiten) kann hier kostenlos heruntergeladen werden.
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