Die andere Welt denken
Sozialökologische Transformation – einmal zum Mitnehmen bitte und als Dip eine linksprogressive Perspektive. Ein Tagungsbericht.
Die sozialökologische Transformation. Wenn Menschen diesen Titel hören, taucht sicherlich erstmal die Frage auf, was das denn sein soll. Der Transformationsbegiff ist derzeit in aller Munde. Man hört ihn zum Beispiel in den Nachrichten im Zusammenhang mit der Berichterstattung rund um die Lausitz. Viele Politiker*innen benutzen diesen Begriff im alltäglichen Politikbetrieb inflationär und lassen ihn zu einer Worthülse verkommen, wie dies auf Bundesparteitag der Bündnis90/Die Grünen im November 2019 deutlich wurde.
Um eine Vorstellung davon zu bekommenm, was sich aber nun genau hinter den Worten sozialökologische Transformation verbirgt, organisierte der Rote Baum e.V. in Kooperation mit dem offenen Abgeordnetenbüro Linxxnet und der Rosa Luxemburg Stiftung Sachsen vom 18.10 – 19.10.2019 die Konferenz Transformation2SocialGreen.
Im Rahmen der Konferenz wurde deutlich, dass egal was die Lösungsansätze für die sozialökologischen Krisen sind, die Zeit knapp wird, um diese umzusetzen wie zum Beispiel die Referent*in Dr. Karin Schönpflug anmerkte. Auch innerhalb des Konferenzkontextes wurde klar, dass die Mainstreamökonomik oder auch die Plurale Ökonomik wenig Ideen haben, wie es zu einer sozialökologischen Revolutionierung kommen soll, die die Welt vor einer ökologischen Apokalypse bewahrt oder faschistoide Gesellschaftstransformationen, wie sie in Ungarn oder Polen durch den nationalen Kapitalismus begünstigt wurden, zurückgedrängt werden können. Es ist auch im allgemeinen Wirtschaftskontext sehr schwierig, von gemeinsamen Visionen zu sprechen, da sich durch eine breite Professoren*innenschicht immer noch der Glaube an den Kapitalismus und seine Innovationslösungen als Heilsbringer für alles – auch die ökologische Krise – durchzieht, wie Dr. Alexander Voegele in seinem Workshop deutlich machte. Die neue Supervision wie sie auch die europäischen Grünen in ihrem Programm verankerten, ist der utopistische Traum des Green New Deals, ein grünes Wirtschaftswachstum zu erzeugen, obwohl Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit, wie Klaus Dörre in seinem Vortrag deutlich machte, ein Paradox im Zuge einer sozialökologischen Transformation darstellt. Allerdings verläuft hier auch eine deutlich theoretische Konfliktlinie, die auch im Rahmen der Konferenz deutlich wurde, denn Referent*innen wie Dr. Klaus Dörre, der den Green New Deal, als »Weiter so« Strategie der derzeitigen Wirtschaftspolitik sah, während andere Vortragende, wie Dirk Ehns, diesen als Problemlöser /Krisenüberwinder betrachten. Die Vorstellungen in diesem Kontext, dass sozialökologische Transformation bedeutet, Berufstätigkeiten in der Braunkohleförderung oder in der fossilistisch geprägten Autoindustrie aufrecht zu erhalten, sind mit Blick auf die klimatischen Veränderungen auf diesem Planeten nicht mehr haltbar, so Klaus Dörre. Auch sollte klar sein, dass der individuelle oder besser egoistische getriebene Autoverkehr, wenn er durch die Elektromobilität ersetzt wird, nicht die ökologische Rettung der Welt ist. Auf der Konferenz wurde darüber hinaus deutlich, dass es Wege und Möglichkeiten gibt, klimatischen Bedrohungen entgegenzuwirken. Die Lösung klang auch im Rahmen der Konferenz so einfach und simpel: Den Kapitalismus als Wirtschaftsform zu überwinden. Nicht länger die Börse als »modernes Orakel von Delphi« entscheiden zu lassen, ob emissionsintensive Industrien erhalten werden sollen oder nicht. Ein untrennbarer Teil des Transformationsprozesses müsse sein, dass es bspw. keine Produktion von Nahrung im globalen Norden mehr gibt, die dann in Milliarden Mülltonnen entsorgt wird, während im globalen Süden Menschen verhungern, wie Karin Schönpflug deutlich machte. Es dürfe keinen Statuskonsum mehr geben in Form von SUV`s oder Flugzeugarmadas. Die Konferenzteilnehmer*innen waren sich einig, dass eine radikale Wende erzwungen werden muss, wie dies in dem theoretischen Ansatz des Neosozialismus von Klaus Dörre beschrieben ist. Dieser macht es möglich, die Produktionsverhältnisse und damit verbundenen Herrschaftsverhältnisse zu zerschlagen. Endlich die imperialen Ketten des Südens zu sprengen und ein System zu etablieren, das fern von wirtschaftlichem Wachstum funktioniert. Dies aber nicht nur in Form einer konservativen Vision einer Postwachstumsökonomie, ala Paech oder Miegel, die die bestehende gesellschaftliche Ordnung beibehalten wollen und nur das wirtschaftliche Wachstum ablehnen.
Was wäre das für eine Welt, in der die Landwirtschaft solidarisch organisiert funktioniert, in der Dörfer nicht weggebaggert werden müssen, um Kohle zu fördern, in der Frauen nicht länger strukturell ausgebeutet werden und unbezahlte Arbeit leisten. Was wäre es für eine Welt ohne Sklavenarbeit, die in den Ländern des Globalen Südes immer noch existiert (Stichwort: Primark, die in chinesischen Gefängnissen produzieren). Das wäre eine Welt, für die sich Kinder der Fridays for Future Bewegung derzeit global einsetzen. Eine solche Welt, mit diesen veränderten wirtschaftlichen Strukturen zu denken, war die Hauptaufgabe der Konferenz Tranformation2SocialGreen. Die Vision und auch deren Anstöße für einen antifaschistischen queerfeministischen, sozialökologischen Neosozialismus wurden an diesem Workshop-Wochenende von allen Teilnehmer*innen und Referent*innen gemeinsam erarbeitet. Natürlich sind das hochtrabende Worte, aber in der Umsetzung doch so einfach. Alle haben eines gemeinsam: Sie wollen den Kapitalismus überwinden.
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