Wirtschaft
anders denken.

Digitalisierung in der Kritik 

08.01.2019

Die neue Ausgabe der »Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft« blickt kritisch auf die Folgen der technologischen Entwicklung: Wird sie zum Treiber sozialer Öffnungen oder sozialer Schließungen? 

Über Digitalisierung, so könnte man meinen, ist schon alles gesagt, nur noch nicht von je- dem. Der Eindruck kann angesichts einer Debatte, in welcher der Begriff zum Behälter von allem Möglichen wird, leicht entstehen. Trotzdem sollte man genau hinsehen – zum Beispiel in die aktuelle Ausgabe der »Zeitschrift für sozialistische Politik und Wirtschaft«. 

Die nimmt sich im Schwerpunkt das Thema »Digitalisierung, soziale Ungleichheit und Klasse« vor und das ist lesenswert. Etwa, wenn Bettina Kohlrausch noch einmal eigen Studienergebnisse zurückgreift, um die sozio-ökonomische Erfahrungen herauszuarbeiten, die – neben anderen – auch ein Bestimmungsmoment rechtsradikaler Einstellungen sind. Es geht eben nicht nur »gegen die da draußen«, sondern auch um falsche Verarbeitungen von Auslieferungsgefühlen und Entwertungssorgen. Das entschuldigt keinen Rassismus, muss aber bei der Analyse der Gründe für den Rechtsruck stärker in den Blick genommen werden. 

»Trotz guter Konjunkturlage und seit Jahren sinkender Arbeitslosenzahlen wachsen in Teilen der deutschen Gesellschaft soziale Verunsicherung und Zukunftsängste. Im Unterschied zu den Dynamiken der Prekarisierung, die zu jener Verunsicherung beitragen, scheinen die Dynamiken der Digitalisierung weitaus weniger im Alltag greifbar zu sein«, heißt es in der Einleitung. »Für viele Menschen ist bis heute – trotz der Allgegenwart von Smartphone und Smarthome – unklar, ob und in welcher Weise sich Digitalisierungsdynamiken zukünftig (weiter) auf die eigene Lebensweise und den eigenen Lebensstandard auswirken werden. Ob sie Treiber sozialer Öffnungen oder sozialer Schließungen sein werden. In diesem Heftschwerpunkt richten wir den Blick darauf, ob und mittels welcher ökonomischen und alltagskulturellen Mechanismen Digitalisierung soziale Ungleichheiten reproduziert.« Daher stelle sich die Frage, »wie und mit welchen Ressourcen und entlang welcher Konfliktlinien Prozesse der Digitalisierung im Alltag erfahren, be- und verarbeitet werden«.

Max Reinhardt sondiert die Karte des Diskurses über »digitale Revolution«, bei der er in Anlehnung an Jürgen Leibinger zunächst verschiedene »Fraktionen« umreißt, die sich in ihrem jeweiligen Herangehen und der Interessenlage der Beschäftigung mit »Digitalisierung« unterscheiden. Philipp Staab erfasst die »Digitalisierung als Geopolitik des Kapitals« und Michael Heiling sowie Sylvia Kuba stellen Forschungsarbeiten vor, bei die Perspektive von Beschäftigte in der digitalen Plattformökonomie im Vordergrund steht. 

Die Einleitung zum Schwerpunkt von Anna-Katharina Meßmer, Christina Schildmann, Stefan Stache gibt es hier als PDF, das Inhaltsverzeichnis findet sich hier 

Außerhalb des Schwerpunkts blickt Kai Burmeister auf die Lage der SPD und der Parteilinken und sieht dort ein »Analysedefizit«. An vielen Stellen seien in der SPD-Linken »schnelle Erklärungen für den schlechten Zustand zu hören«. Es dominierten »innerparteiliche und taktische  Schuldzuweisungen  statt  tatsächlicher  Einschätzungen gesellschaftlicher Dynamiken«: Burmeister weist darauf hin, dass die Krise der Linken und Sozialdemokratie global sei, sie müsse als »tiefere politische und ökonomische Ursachen haben, als jene, die in der  deutschen Debatte im Vordergrund stehen«. Auch warnt er die sozialdemokratische Linke »vor einer idealistischen Überhöhung von Einzelforderungen«. 

spw 229 (2018), 100 Seiten, 7 Euro. Bezug über www.spw.de 

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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