Wirtschaft
anders denken.

Digitalisierung und Fusionsdruck: Zahl deutscher Bankfilialen schrumpfte 2017 um 1.900

21.05.2018
Bundesarchiv, Bild 183-V06526 / Paalzow, Günther, Lizenz: CC BY-SA 3.0Bankfiliale, damals.

»Was wäre, wenn es in der Welt keine Banken mehr gäbe«, fragt eine Zeitung. Soweit sind wir noch nicht, aber es gibt Entwicklungen, die die klassischen Kredithäuser in die Defensive gezwungen haben: nicht zuletzt die Digitalisierung.

»Was wäre, wenn es in der Welt keine Banken mehr gäbe«, fragt die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« und spricht bereits von einer »Bankendämmerung«. Die Fragen, die dazu aufgeworfen werden, laufen auf die Existenzbedingungen von Geldhäusern in der bisher bekannten Form hinaus. Eine lautet »Welche Zukunft haben die Banken noch in einer digitalisierten Welt, in der sich andere Unternehmen viel besser auskennen als sie selbst?«

Es geht um das Geschäft mit Zahlungsdienstleistungen, wo Player wie Paypal immer mehr Anteile gewinnen. Oder um FinTech-Firmen, die wie Plattformen funktionieren und Crowdlending oder Crowdinvesting anbieten. »Fintechs entwickeln viele technische Innovationen«, zitiert das Blatt Sascha Steffen von der Frankfurt School of Finance and Management, »die Bankgeschäfte vereinfachen«. Teils kooperieren diese mit den klassischen Banken. Viele Kunden nutzen inzwischen auch unabhängige Personal-Financial-Management-Systeme. Hinzu kommt: Plattformkonzerne wie Amazon wissen bereits jetzt viel mehr über ihre Privatkunden als Banken, was etwa Bezahlungsarten und die jeweiligen Umfänge angeht. Und, so heißt es in einer aktuellen Umfrage des Branchenverbandes Bitkom: »Das Angebot an Online-Diensten rund um Banking könnte sich in den kommenden Monaten deutlich vergrößern.«

Druck zum Zusammenschluss

Dazu passen auch aktuelle Zahlen der Bundesbank. »Die Konsolidierung im deutschen Bankensektor hat sich 2017 fortgesetzt. Im Jahresverlauf sank die Gesamtzahl der Kreditinstitute um 65 auf 1.823«, heißt es dort – ein Rückgang um 3,4 Prozent, 2016 ging die Zahl der Kreditinstitute bereits um 3,7 Prozent zurück. Die Erklärung der Bundesbanker: »Das herausfordernde Wettbewerbsumfeld und insbesondere das anhaltend niedrige Zinsniveau machen den Instituten zu schaffen und veranlassen sie zu deutlichen Kosteneinsparungen. Insbesondere für kleinere und mittlere Banken ist deshalb der Druck zum Zusammenschluss zu größeren Einheiten gestiegen«, so Bundesbankvorstand Joachim Wuermeling.

Im Einzelnen sieht es so aus: In der Bundesbankstatistik kamen 2017 genau 19 Kreditinstitute dazu, 84 Abgänge wurden verzeichnet. Allein 57 davon entfielen auf Fusionen im genossenschaftlichen Sektor, wo die Zahl der Unternehmen nun nur noch 919 beträgt (minus 5,8 Prozent). 13 Sparkassen verschmolzen 2017,  derzeit werden noch 390 Sparkassen und acht Landesbanken gezählt. Hingegen: »Die Zahl der Kreditbanken nahm 2017 um neun auf 390 Institute zu«, so die Bundesbank.

Entzauberung der Bankenwelt

Besonders sichtbar wird die Entwicklung im »deutlichen Abbau des Filialnetzes«, deren Zahl im vergangenen Jahr um »sehr deutlich um 1.900 bzw. 5,9 Prozent« zurückging – auf nurmehr 30.126 Filialen bundesweit. 2016 war die Zahl der Filialen bereits um 2.019 Zweigstellen geschrumpft. »Diese Größe umfasst klassische Filialen sowie Selbstbedienungs-Terminals mit Beratungsmöglichkeit. Reine Selbstbedienungs-Terminals sind in diesen Zahlen nicht enthalten«, so die Bundesbank.

Im Sparkassenbereich wurden 765 Filialen geschlossen, hier gibt es nun noch 10.174 Filialen – das macht mit einem Anteil von 33,8 Prozent aber weiterhin die größte Anzahl inländischer Zweigstellen aus Im genossenschaftlichen Sektor nahm die Filialzahl um 714 auf 9.455 ab, der Anteil beträgt noch 31,4 Prozent. Bundesbank-Vorstand Wuermeling dazu: »Der Rückgang der Zweigstellen ist nicht nur eine Konsequenz des Kostendrucks, sondern spiegelt auch den Trend zur Digitalisierung und vermehrter Nutzung von Online-Banking.«

Beim Verband Bitkom heißt es dazu: »Wir erleben so etwas wie eine Entzauberung der Bankenwelt. Das grundsätzliche Phänomen sehen wir auch in anderen deutschen Leitindustrien, etwa dem Automobilbau«, sagt Präsident Achim Berg. »Dort genießen neue Anbieter wie Tesla oder Digitalunternehmen großes Ansehen, wenn es um neue Technologien wie selbstfahrende Autos geht. Eine solche Entwicklung galt im Finanzbereich, in dem die Kunden besonders vorsichtig und konservativ sind, lange für undenkbar – diese Zeiten ändern sich jetzt.«

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