Wirtschaft
anders denken.

Ein Ausweg aus der italienischen Bankkrise

26.07.2016

Die italienische Bankenkrise macht in allen Zeitungen Schlagzeilen. Es scheint jedoch möglich, einen Kollaps  noch zu verhindern. Während man auf die Ergebnisse des Stresstests wartet, könnten Lösungen gefunden werden.

Nach einem neuen Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) würde das italienische Wirtschafts- und Finanzsystem noch einige Jahre brauchen, um sich von der Finanzkrise 2008 völlig zu erholen. Bis es soweit ist, ist Italien wirtschaftlich schwach und krisenanfällig. Eigentlich waren die Folgen der Finanzkrise für die italienischen Banken nicht so verheerend, als dass eine Hilfe des Staates nötig gewesen wäre. Rom musste in den letzten Jahren keine großen Rettungsaktionen für italienische Banken durchführen, anders als in anderen europäischen Ländern.

Jetzt sind diese Geldinstitute jedoch in Schwierigkeiten: Im Juni hat die Europäische Zentralbank (EZB) Druck auf die Bank Monte dei Paschi di Siena ausgeübt, damit Italiens drittwichtigstes (und weltweit ältestes) Geldinstitut einen Plan erstellt, um in den nächsten drei Jahren 10 Milliarden Euro notleidender Kredite zu löschen. Nach dem Brexit ist die Lage schlimmer geworden, da sich ein Klima von Misstrauen auf den Märkten entwickelt hat, und die Anleger angefangen haben, die italienischen Bankenaktien zu verkaufen. Infolgedessen sind die Papiere stark gefallen, und jetzt hat Monte dei Paschi nicht mehr genügend Kapital, um eine Abwertung ihrer faulen Kredite zu ertragen.

Eine Kapitalaufstockung mit öffentlichen Mitteln wäre zu diesem Zeitpunkt sehr wünschenswert, aber die neuen europäischen Regelungen erlauben das nicht: vor der Unterstützung des Staates müsste man den »Bail-in« Mechanismus einführen: Bevor die Banken die Staatshilfe bekommen können, müssen die Geldgeber die Verluste mittragen. In dem Fall von Monte dei Paschi könnte damit das Geld von ungefähr 60.000 Kleinsparern völlig verschwinden. Aus politischen Gründen will die von Matteo Renzi geleitete Regierung solche negativen Auswirkungen unbedingt vermeiden, denn die Erinnerung an die Geschehnisse vom November 2015 ist noch frisch. Nach der öffentlichen Rettung von vier kleinen Banken wurden Ersparnisse von tausenden Kleinsparern komplett aufgelöst. Die Resonanz wurde noch größer, als ein Kleinsparer sich aus diesem Grund umgebracht hat. Übrigens ist für Renzi sehr wichtig, die von seiner Partei geförderte Reform der italienischen Verfassung im Herbst durchzubringen. Deswegen darf die italienische Regierung sich nicht erlauben, das Volk einer Krise mit negativen Folgen auszusetzen.

Aber für Deutschland und die anderen Mitgliedsländer kommt eine Ausnahme vom »Bail-in« und »Bail-out« nicht in Frage, denn das würde die Glaubwürdigkeit des gesamten Systems schwächen. Es würde Deutschland nicht schaden, in der Zukunft, einigen seiner Banken zu helfen. Aus diesem Grunde würde eine Ausnahme der europäischen Regelungen für Italien als Präzedenzfall für alle EU-Länder nützlich sein. Aber aus innerpolitischen Gründen halten Angela Merkel und Wolfgang Schäuble bis jetzt an die EU-Regelungen fest.

Auch nach Meinung der Experten wären innere Reformen des italienischen Banksystems nötig: zum Beispiel sollte man das Vorgehen für das Eintreiben von Forderungen beschleunigen, sodass den Instituten ein Anreiz gegeben würde, die faulen Kredite von den Banken zu kaufen.

Man könnte auch die Mittel verwenden, die man auf europäischem Niveau etabliert hat, wie zum Beispiel den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Das ist eine Finanzierungsinstitution, die den europäischen Geldinstituten hilft, ihre Zahlungsfähigkeit zu sichern, sodass die einzelnen Mitgliedsländer nicht allein ihre Banken unterstützen müssen. Aber die Bedingungen, Hilfe vom ESM zu erhalten, sind kompliziert und unklar.

Im Gegenteil braucht man jetzt vor allem ein sofortiges Eingreifen, um eine Verschlechterung der Lage zu verhindern. Und nötig wäre es auch, eine Rettung der Geldinstitute zu finden, die den europäischen Regeln entspricht. Das scheint noch möglich, da die Renzi Regierung schon im Februar neue Maßnahmen eingeleitet hatte, um die italienischen Banken zu unterstützen. Es geht darum, den Geldinstituten unter präzisen Bedingungen im Voraus zu helfen. Die Europäische Kommission hat bestätigt, dass dieses Mittel den europäischen Regelungen nicht widerspricht.

Die Mitgliedstaaten sind einverstanden, sich bald mit Lösungsansätzen zu beschäftigen. Daher würden die von Renzi geförderten »Vorsichtsmaßnahmen« gut passen, weil sie nicht nur wirkungsvoll sind, sondern auch den EU-Regelungen entsprechen.

Eventuell negative Ergebnisse des Stresstests könnten alles wieder in Frage stellen, aber es sieht so aus, dass auf der politischen Ebene die Absicht besteht, einen Kompromiss zu finden.

Geschrieben von:

Valentina Zamperini

Historikerin

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