Wirtschaft
anders denken.

Ein bisschen Feminismus, ein bisschen Sonne

08.05.2017
Weibliche Prominenz beim W20-GipfelQuelle: Miriam Meckel/TwitterWieviel Feminismus und welcher bildet sich hier ab?

Beim W20-Gipfel in Berlin hatten sich Frauen wie Bundeskanzlerin Merkel, IWF-Chefin Lagarde, eine »First Daughter«, die niederländische Königin Máxima und andere über Feminismus und Unternehmerinnentum ausgetauscht. Die mediale Nachbereitung in der WirtschaftsWoche verlangt feministische Gegenkritik von Kathrin Gerlof.

Die Herausgeberin der WirtschaftsWoche, Miriam Meckel, schreibt im Schlusswort der Ausgabe 18/2017 über Feminismus und Unternehmerinnentum. Beim W20-Gipfel in Berlin hatten sich Frauen wie Bundeskanzlerin Merkel, IWF-Chefin Christine Lagarde, Ivanka Trump und andere genau darüber ausgetauscht. Das zu dem Beitrag abgebildete Foto zeigt eine lächelnde Gruppe weißer, meist blonder Frauen. Dazwischen und eingezwängt wie ein Kindergartenkind, das sich vorwitzig in die Gruppe der Erwachsenen schmuggelt, eine junge Frau dunkler Hautfarbe. Über die Ikonografie von Bildern ließe sich viel sagen, aber wahrscheinlich spricht dieses Foto sogar die Wahrheit aus. So ist es eben.

»Wären Frauen endlich im gleichen Umfang wie Männer erwerbstätig, unser weltweites Bruttosozialprodukt könnte bis 2025 um 28 Billionen Dollar wachsen«, schreibt Miriam Meckel und findet es deshalb gut, dass im Ergebnis des W20-Treffens ein Fonds zur Förderung von Unternehmerinnen in Entwicklungsländern aufgelegt werden soll. Die Bedeutung des absonderlichen Fotos wächst ein bisschen. Es zeigt, wer hier für wen was auflegt. Entwicklungshilfe findet nur selten auf Augenhöhe statt und wird fast nie mit jenen ausgehandelt, die sie benötigen und am besten wissen, wobei und wofür sie Hilfe brauchen.

28 Billionen Dollar Bruttosozialprodukt mehr – was man mit einem solchen Wachstum alles mit dem Planeten anstellen könnte, der Wachstum in etwa so sehr braucht, wie die Wüste Gobi den Import von Sand. Aber natürlich klingt die Zahl beeindruckend.

Die Autorin ereifert sich noch ein wenig über das neue Schmähwort »Business-Feminismus«, das all jene verunglimpfe, die Frauen auch zum Wachstumsmotor von Wirtschaft machen wollen. Was sie ja de facto sind, indem sie zum Beispiel einen überwiegenden Teil der Care-Arbeit leisten oder sich mit schlechteren Löhnen abspeisen lassen müssen. Das meinte die Autorin aber wahrscheinlich nicht.

»Der Feminismus hat mal mit ‚mein Bauch gehört mir’ angefangen. Wir dürfen den Bedeutungsraum getrost ergänzen. ‚Mein Unternehmen gehört mir’ zählt heute zum Repertoire derer, die sich Feministinnen nennen.«

Miriam Meckel, soweit dürfen wir den Bedeutungsraum dieses Satzes ausloten, hat eine sehr schlichte Vorstellung von Feminismus bzw. eine richtige Vorstellung davon, welche Art Feminismus gerade noch so durchgeht.

Natürlich will sie, dass Frauen gleiche Chancen und Möglichkeiten geboten werden, gute Rahmenbedingungen für Unternehmerinnentum vorzufinden. »Und zwar alles, was dazu gehört: Bildung, Kinderbetreuung, Kapital und so weiter. Das bringt Wachstum, volkswirtschaftlich und ganz individuell.« In dieser Lesart scheint es nicht als Widerspruch, dass der Kapitalismus 500 Jahre Wachstum generiert hat, ohne Frauen gute Rahmenbedingungen für Unternehmerinnentum zu schaffen. Jetzt, da es mit dem Wachstum nicht mehr so einfach ist, das System an seine Grenzen gerät, ist gut möglich, dass Unternehmerinnentum mehr gefördert wird, als bisher. Nicht der Frauen, sondern des Wachstums wegen. Das klingt nach einem vergifteten Angebot. Allerdings nicht für die WirtschaftsWoche. Die das mit dem Thema Feminismus vielleicht doch besser lassen sollte.

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