Für Deutschland
Angela Merkel denkt nur an die Demokratie, das Soziale, das Wohlbefinden der Deutschen, der Nachbarn. Oder? Wie mit einem rücksichtslosen Wirtschaftsmodell ein Maximum an Unfrieden und Unsicherheit gestiftet wird.
Vor zehn Jahren erklärte Angela Merkel auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos: »Globalisierung ist ein Wort, das viele verschreckt. Ich bin jedoch überzeugt: Das, was Globalisierung ausmacht, bietet der Welt heute sehr viel mehr Chancen als Risiken. Sie bietet die große Chance zu mehr Frieden, Freiheit und Wohlstand.« Sie räumte ein: »Damit sich jedoch diese positiven Kräfte der Globalisierung für alle Menschen entfalten können, müssen wir ein neues Gleichgewicht der Kräfte schaffen, im Welthandel …, in der Bildung, …bei den Staatsfinanzen.«
Angela Merkel bekannte sich zwar zu einem neuen »Gleichgewicht der Kräfte«. Aber zugleich überwog der Stolz auf die deutschen Wirtschaftserfolge. »Denn die deutschen Unternehmen«, so führte sie weiter aus, »können ihre Weltmarktanteile trotz des zunehmenden Wettbewerbs … teilweise auch noch ausbauen. Die Lohnstückkosten entwickeln sich … seit Jahren endlich wieder günstiger… Die Unternehmenssteuern sinken Anfang kommenden Jahres (2008, red.) auf unter 30 Prozent.« Diesem Stolz auf »Erfolge«, die andere zu erdrücken drohen, folgt dann das vage Bekenntnis: »Ich weiß, dass mit wirtschaftlichem Erfolg auch die Verantwortung wächst, auch andere Regionen an … Wohlstand teilhaben zu lassen …«
Angela Merkel hält an ihrer Position pro Freihandel fest. Das ist genauso national-egoistisch gedacht wie bei Theresa May oder Donald Trump.
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Das war im Jahr 2007, in dem die Warenexporte Deutschlands »nur« 965 Milliarden Euro und der Exportüberschuss »nur« 195 Milliarden Euro betrugen. 2016 erreichten die Warenexporte 1.208 Milliarden Euro, der Exportüberschuss stieg auf den bisher höchsten Wert von 253 Milliarden Euro. Wie sehr Deutschland mit dieser Beggar-thy-Neighbour-Politik die Ungleichgewichte auf unserem Globus verstärkt, wird inzwischen weltweit von vielen ÖkonomInnen, auch vom IWF und der EU-Kommission, kritisiert; die Nachbarländer werden mit dieser Politik zum Bettler gemacht, da mit niedrigen Lohnstückkosten und Unternehmenssteuern die deutschen Produkte im Ausland preisgünstig angeboten werden können, so dass dort Arbeitsplätze vernichtet werden. Schon der Begründer der liberalen Volkswirtschaftslehre, Adam Smith, warnte in seinem 1776 erschienen Werk »Wohlstand der Nationen« vor den internationalen Spannungen, die eine derartige Politik auslöst, und mahnte, jede Nation müsse bei ihrer Handelspolitik auch auf das Wohlergehen anderer Nationen achten.
Gegen die wachsenden Außenhandelsüberschüsse Deutschlands hat Angela Merkel in den zehn Jahren seit ihrer Davoser Rede nichts unternommen. Sie hätte die deutschen ArbeitgeberInnen auffordern können, ihre Gewinnansprüche zurückzuschrauben und höhere Löhne zu zahlen. Und sie hätte mit mehr staatlichen Investitionen (statt der Konzentration auf einen ausgeglichenen Haushalt) helfen können, die Importe zu steigern, so dass in Deutschland mehr ausländische Waren konsumiert würden. So hätte sich beispielsweise die Handels- und Dienstleistungsbilanz zwischen Deutschland und den USA nicht weiter zu Lasten der USA verschlechtert.
Angela Merkel hält erst mal an ihrer Position pro Freihandel und Globalisierung und gegen Protektionismus fest. Das ist jedoch genauso national-egoistisch im Sinne der Interessen des eigenen Landes gedacht wie von Theresa May und Donald Trump. Dabei hat sie den Ausweg damals in Davos selbst angedeutet: »Wir brauchen eine Weltwirtschaft, die sich den Regeln eines fairen Ordnungsrahmens verpflichtet… Dazu will mein Land nach Kräften seinen Beitrag leisten.«
KapitalismuskritikerInnen und soziale Bewegungen wie Occupy, Attac oder die Weltsozialforen weisen seit Jahren darauf hin, dass globaler »Freihandel« und entfesselte Finanzmärkte der Demokratie und Millionen Menschen schaden, die zu den mittleren und unteren Schichten zählen. Nun scheint es, als stoppe ausgerechnet die autoritäre Rechte die weitere Globalisierung. Was kennzeichnet die neue nationale Wirtschaftspolitik von rechts? Was unterscheidet Theresa May, Donald Trump und Marine Le Pen? Die Beiträge dieser Reihe erschienen unter dem Titel »Vier Wege zum Volk« in der OXI Aprilausgabe 2017.
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