Wirtschaft
anders denken.

»Schuldentragfähigkeit« verlangt der IWF. Was heißt das?

10.05.2016

Griechenlands Schulden werden nicht weniger. Nun streiten die Gläubiger, was zu tun ist. Deutschland meint: noch härter sparen! Der IWF findet, Griechenlands Schulden sollen »tragfähig« werden. Das Ziel ist das gleiche: die Diktatur der Gläubiger erhalten.

Griechenland hat zu viele Schulden, heißt es. Dieses Urteil haben die Finanzmärkte bereits vor Jahren gefällt, als das Geldkapital, das die Kredite vergibt, Athen keinen mehr gab. Schon vor fast zehn Jahren war klar, dass Athen seine Schulden nicht mehr ordnungsgemäß bedienen kann, dass Griechenland nicht dauerhaft als rentable Anlagesphäre dient. 2010 wurde der ökonomische Kredit durch einen politischen ersetzt (»1. Hilfspaket«). Die privaten Gläubiger wurden rausgeboxt, die Banken gerettet, und an ihre Stellen traten die öffentlichen Gläubiger: Von den 322 Milliarden Euro Schulden, die Griechenland (2015) hat, halten private Gläubiger, vor allem griechische Banken, inzwischen nur noch 65 Milliarden Euro. Die anderen Gläubiger sind die EZB (27 Milliarden Euro) und der IWF (35 Milliarden). Den größten Batzen teilen sich der Euro-Rettungsfonds EFSF/ESM (142 Milliarden) und die Euro-Staaten (53 Milliarden).

Was heißt »Griechenland hat zu viele Schulden«?

Dass Griechenland also »zu viele« Schulden hatte, bedeutet: eine Entwertung der Finanzvermögen wäre nötig, weil Griechenland bankrott ist, die Schulden nicht mehr bedient. Diese Wertvernichtung wird jedoch seit Jahren auf Biegen und Brechen verhindert, vor allem von Deutschland. Die Euro-Staaten haben alles daran gesetzt, dass die Schulden Finanzkapital bleiben, indem sie Griechenland dazu zwangen, alte Schulden durch neue Schulden zu ersetzen, statt Bankrott anzumelden. Als Gegenzug für die »Finanzhilfe« musste Athen zudem »Reformen« durchsetzen (»Austerität«). All das verschlimmerte offensichtlich das Problem.

Obwohl Wolfgang Schäuble (CDU) versprochen hat, dass keine neue große Griechenlandkrise droht, wird wieder heftig darüber gestritten, wie es in der Eurozone weitergehen soll. Keinen Schuldenschnitt! Darin sind sich das Bundesfinanzministerium und der Verband der Herzen, der Bund der Steuerzahler Deutschland, einig: »Ein Schuldenschnitt … löst die Strukturprobleme nicht. Jedes weitere Entgegenkommen gegenüber Athen in der Schuldenfrage wäre eine Vernichtung von Steuergeld.«

Weshalb der IWF zum Gegenspieler Schäubles wurde

Als vermeintlicher Gegenspieler tritt der Internationale Währungsfonds (IWF) auf, der einen Schuldenschnitt zur Bedingung für weitere »Zusammenarbeit« macht. Das zentrale Kriterium des IWF sei die Schuldentragfähigkeit. Was bedeutet das?

Die Schulden sind dann »tragfähig«, wenn Griechenland in der Lage ist, Zinsen und Tilgungen zu leisten. Es geht dem IWF also nicht darum, die Schulden zu streichen, sondern sicherzustellen, dass die Schulden überhaupt und dauerhaft bedient werden können. Dafür nimmt der IWF einen Abschlag in Kauf bzw. korrekter formuliert: Der IWF erkennt an, dass der an Griechenland vergebene Kredit schon lange nichts mehr wert ist. Deshalb ein Schuldenschnitt – um Griechenland dauerhaft als Schuldner zu erhalten.

Es soll weiterhin eine Diktatur der Gläubiger herrschen, gestritten wird nur über die Mittel.

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Und Schulden bedienen bedeutet, die Renditeansprüche der Gläubiger zu bedienen. Gestritten wird also nur über die unterschiedlichen Mittel, nicht jedoch über einen grundlegend unterschiedlichen Kurs. Es soll weiterhin eine Diktatur der Gläubiger herrschen, in der die Gläubiger darüber entscheiden können, welchen Preis Griechenland für seine Schulden bezahlen muss: Austerität.

Geschrieben von:

Ingo Stützle

Redakteur prokla

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