Was sagen »diese jungen Leute« zur Umwelt und zur Politik? Über eine neue Studie
Es ist ja derzeit viel von »diesen jungen Leuten« die Rede. Was aber denken Jugendliche, die mal als Hoffnung der SPD gelten und von anderen mit abfälligen Bemerkungen auf Distanz gehalten werden? Eine neue Studie zeigt, wie »diese jungen Leute« ticken: zur Umwelt, zur Politik, zu Wertefragen.
Was denken junge Menschen über Umweltprobleme? Welche Lösungen erwarten sie von der Politik? Wie weit spielt dabei auch die Ökonomie eine Rolle? Das sind Fragen, die eine Jugendstudie zu beantworten sucht: Gefragt wurden 14- bis 22-Jährige im Auftrag des Umweltministeriums. Es geht hier also um die ökopolitischen Sichten und Werte der zwischen 1995 und 2003 geborenen Generation. Ein wichtiger Punkt: Wirtschaftswachstum erscheint »für junge Menschen oft nicht die Lösung, sondern die Ursache vieler Probleme zu sein«.
Die Gesamtbilanz der Ergebnisse in den Worten des Ministeriums: »In den Vorstellungen junger Menschen von einem guten Leben gehört eine intakte Umwelt dazu. Doch wenn sie an die Zukunft denken, befürchten sie eine Verschlechterung der ökologischen Situation. Daher teilen viele die Einsicht, dass ein grundlegender Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft notwendig ist. Vielen jungen Leuten ist bewusst, dass Einschränkungen des Lebensstandards notwendig sind, um die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten.«
Dies steht wiederum in einem gewissen Gegensatz dazu, dass vielen nicht ganz klar ist, »was sie selbst konkret zur Lösung beitragen können«. Der Staat ist ihnen der erste Adressat umweltpolitischer Kursänderung, eine Änderungen des Verbraucherverhaltens kommt an zweiter Stelle. Interessant ist: Nur jeder fünfte Jugendliche stimmt voll zu, dass Umwelt und Naturschutz »vor allen Dingen in der Verantwortung der Wirtschaft« liegen, weitere 48 Prozent stimmen dem eher zu. Aber die ökonomischen Gründe von Umweltveränderung liegt hinter staatlicher und persönlicher Verantwortung auf dem letzten Rang.
Kapitalismusskeptischer Realismus
Wer rettet die Umwelt am ehesten? Jüngere gehen davon aus, dass Umweltgruppen die Umwelt- und Klimaprobleme noch am ehesten tatsächlich lösen wollen (54 Prozent). Allerdings glauben nur 17 Prozent, dass sie es auch tatsächlich könnten. Dies wiederum glauben die Jüngeren am ehesten von Managern (25 Prozent), was darauf deutet, dass ihnen die Verantwortung der Unternehmen doch bewusster ist, als in der oberen Antwort zum Ausdruck kommt. Dass die Erwartung, die Spitzen der Konzerne würden etwas zur Lösung der Umweltprobleme beitragen aber gegenüber anderen Akteuren am geringsten ist, mag man als einen kapitalismusskeptischen Realismus ansehen.
Gefragt wurde in der Studie auch nach Einstellungen zu Politik und Gesellschaft – in der Umfrage sagten ganz große Mehrheiten, es sei ihnen »sehr wichtig, in einer Demokratie zu leben« (90 Prozent stimmt zu oder eher zu), sie finden es auch »gut, dass es die Europäische Union gibt« (85 Prozent). 71 Prozent stimmen der Aussage zu oder eher zu, dass in der Bundesrepublik »die sozialen Unterschiede zu groß« seien. Hierzu wird angemerkt, dass bei denjenigen aus Elternhäusern mit unterdurchschnittlichem Einkommen die Zustimmung zu dieser Aussage sogar bei 82 Prozent liege.
Idealistische, Pragmatische, Distanzierte
Die Studie erfasst noch ein breites Spektrum anderer Ansichten – unter anderem zur Frage des persönlichen Verhaltens bei Konsum und Energieverbrauch, der Information über Umweltfragen, der Bedürfnisse nach ökologischen oder fairen Produkten sowie der politischen Mitbestimmungsoptionen. Auf Grundlage der Befragungsergebnisse wurden die Jüngeren dann in verschiedene Gruppen aufgeteilt, die grundlegende Einstellungen unterscheiden: idealistische, pragmatische und distanzierte junge Menschen.
Grob skizziert unterscheiden sich die Gruppen wie folgt: »Für die Idealistischen haben Werte wie Toleranz und Vielfalt eine noch höhere Bedeutung als allgemein in der Altersgruppe. Gemeinwohlorientierung und Umweltbewusstsein sind ihnen ausgesprochen wichtig.«
Die Pragmatischen denken dagegen »or allem an ihre eigene Lebensgestaltung. Sie möchten es im Leben zu etwas bringen und orientieren sie sich dabei an den klassischen Maßstäben des Erfolgs« – wobei hier als klassisch etwas angesehen wird, was auch nur historisch ist, also Ausdruck bestimmter Verhältnisse: Konsum, Karriere, Lebensstandard.
Für die Distanzierten sind »eine vertrauensvolle Partnerschaft und ein gutes Familienleben sowie Freunde« wichtig, aber sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie »wesentlich geringere Erwartungen an ihr Leben« haben als andere in der Altersgruppe. Das gilt für Karriere genauso wie für »postmaterielle Werte wie Toleranz, Engagement und Umweltbewusstsein«, die für »sie von unterdurchschnittlicher Bedeutung« sind.
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