Wirtschaft
anders denken.

Karriere? Engagement? Familie? Eine Studie und was Studierende denken

13.08.2018
OXIEine Frage des Aufstiegs - oder nicht?

Wie ticken Studierende heute? Karriere ist ihnen weniger wichtig, beklagt eine Zeitung. Engagement aber auch. Und wer auf die Vorbilder blickt… Kleiner Überblick zu den Ergebnissen einer Umfrage eines Beratungskonzerns.

Die »Mehrheit der Studenten hat keine Lust mehr auf Karriere«, heißt es in der »Frankfurter Allgemeinen« über eine Umfrage des Beratungskonzerns EY. »Nur noch 41 Prozent messen dem beruflichen Aufstieg eine hohe Bedeutung in ihrem Leben bei«, erfährt man dann unter anderem, im Vergleich zu einer Vorgängerstudie »vor zwei Jahren hat die Karrierefreude damit rapide abgenommen: Damals hatten noch 57 Prozent der Studenten berufliche Aufstiegsambitionen«.

Ein Manager aus dem Beratungskonzern wird mit den Worten zitiert, unter Studierenden sei »ein grundlegender Wertewandel« zu beobachten, der von der vergleichsweise guten wirtschaftlichen Lage angetrieben werde, von einem »Gefühl der weitgehenden Sicherheit« ist die Rede, »da rückten persönliche Interessen in den Vordergrund«.

Wir lernen: Wer sagt, es gebe für ihn Wichtigeres als Karriere, der stellt seine »persönlichen Interessen« höher. Nur, was bitte für ein Interesse ist das an beruflichem Aufstieg? Kein persönliches? Etwa ein gesellschaftliches? Überhaupt: Die Studie, von der hier die Rede ist, sagt zwar auch etwas über den Rang, den Karriere unter Studierenden hat, aber sonst noch viel mehr, über das die FAZ nicht berichtet, weil dort der berufliche Aufstieg offenbar weit über anderen Fragen rangiert. Das Blatt schreibt von »Karrierefreude«, von der man weiß, dass sie keine ist, sondern ein fieses Rennen im Hamsterrad von Leistungsdruck, Anpassung und Hierarchiedenken. Also, was denken denn nun die Studierenden wirklich?

Wichtige Themen, wenig Engagement

In der Befragung sagen 70 Prozent, bei ihnen habe »Familie« sehr große Bedeutung, die unmittelbare Lebensplanung, die in der Altersgruppe der Studierenden so langsam konkret wird, ist also wichtig – und das ist weder eine Überraschung, noch eine signifikante Steigerung gegenüber 2016. Man könnte sich fragen, ob die Rolle, die Studierende der Familie beimessen, sich gegenüber – sagen wir: Mitte der 1990er Jahre im Zuge eines allgemeinen Bedeutungsaufschwungs der Familie »als Wert« verändert hat, aber dazu hat die Studie keine Daten.

Karriere ist den Studierenden im übrigen deutlich wichtiger als gesellschaftliches Engagement, und hier fängt es an interessant zu werden: Gefragt danach, welche Bedeutung politische Themen haben, rangieren für die Studierenden ganz oben Fragen wie die Wahrung von Menschenrechten, internationale Krisen, Klimaschutz, gerechte Verteilung, wirtschaftliche Entwicklung oder Armutsbekämpfung – die Rolle, die langfristig gesellschaftlichem Engagement beigemessen wird, also der tätigen Unterstützung solcher Ziele, aber ist klar gesunken, nur noch ein gutes Viertel sagt, dieses habe »sehr hohe Bedeutung« für sie.

Hier hätte man gern mehr erfahren vom Denken der Studierenden, über die Gründe diese widersprüchlichen Konstellation, man braucht schließlich kein Abi, um zu sehen, dass es schon irgendeines Engagements bedarf, Dinge zu ändern, zu bewegen. Vielleicht liegt es daran, dass die subjektive Zufriedenheit beeindruckend stark ausfällt, »88 Prozent sind mit ihrer aktuellen persönlichen Situation zufrieden – jeder Dritte sogar sehr«, hier ist der Werte gegenüber 2014 um immerhin acht Prozent gestiegen.

Was waren eigentlich unsere Vorbilder?

PS. Gefragt wurden die Studierenden auch nach ihren Vorbildern, die Eltern natürlich, ein Prozent sagt sogar: »Ich selbst«. Wenn es um Promis geht, schlägt sich so etwas wie ein Weltbild in den Zahlen nieder: Unter den Studierenden, die ein Vorbild genannt haben, rangieren Elon Musk, Bill Gates und Steve Jobs ganz oben. Könnte es sein, dass die Sache mit der Karriere bei den Studierenden von heute nicht mehr als Berufsweg in einer Organisation betrachtet wird, sondern in einem erfolgreichen Self-made-Unternehmen, in dem natürlich nicht viel selbst gemacht, sondern auch Arbeit fremd an geeignet wird? Ziehen die gesellschaftlichen Erzählungen von den Firmengründern des Techzeitalters wirklich so stark?

Das zu beantworten reicht offenbar die Zahlenbasis nicht aus. Immerhin: Unter den Top-Ten der Vorbilder heutiger Studierender sind auch Nelson Mandela, Barack Obama, Angela Merkel, Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Albert Einstein. Das klingt ein bisschen nach Poesiealbum – und auch ein bisschen nach ziemlich angepasst. Natürlich hätte man hier gern auch andere Namen gelesen. Aber mal ehrlich, wären wir damals gefragt worden, wen hätten wir genannt?

Geschrieben von:

Vincent Körner

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