Wirtschaft
anders denken.

Kritischer Geist auf jeder Ebene

04.08.2022
Klaus Peter Kisker vor einem Porträt von Karl MarxFoto: Bernd Wannenmacher

Nachruf auf FU-Professor Klaus Peter Kisker.

Am 24. Juli 2022 ist Professor Klaus Peter Kisker von uns gegangen. Seit 1956 begleitete er die Entwicklung der Freien Universität – zunächst als Student, ab 1970 als Professor. In allen Jahren seines Wirkens hat Professor Kisker die Universität nicht nur als Wissenschaftler mitgestaltet, sondern stets auch aktiv in ihre politische Gestaltung eingegriffen und damit ein Vorbild geliefert für alle, in deren Verständnis Wissenschaft und politische Gestaltungsmacht Hand in Hand gehen.

Damit stieß er bereits in den Siebzigerjahren auf Widerstand an der Universität und wusste dennoch, sich zu behaupten und den kritischen Geist auf jeder Ebene seiner akademischen Laufbahn zu erhalten. So war Professor Kisker als erster Schirmherr maßgeblich dafür verantwortlich, dass die studentische Ringvorlesung »Paradigmen und Kontroversen ökonomischer Theorien« entstanden ist und bis heute fortbestehen kann. Auch in den folgenden Jahren hat Professor Kisker die Ringvorlesung immer wieder als Referent für marxistische Wirtschaftstheorie bereichert und unseren Blick für die Vielfalt ökonomischer Theorien geweitet.

Außerdem bot Professor Kisker über seine Emeritierung hinaus bis zu seinem Tod beinahe jedes Semester das Seminar »Marx Reloaded« an, in dem er mit Studierenden marxistische Perspektiven auf die gegenwärtige ökonomische Situation erarbeitete und diskutierte. Besonders seine Beiträge zur strukturellen Überakkumulation sind hier hervorzuheben. Dabei immer auch am Dialog auf Augenhöhe interessiert, schaffte er es, vielen Studierenden einen unverzichtbaren Blick auf die Wirtschafts- und Theoriengeschichte zu eröffnen, den der ökonomische Mainstream meist nicht abbildet.

Durch seine aufgeschlossene und herzliche Art gegenüber den Studierenden erfreuten sich seine Seminare zudem großer Beliebtheit und bereicherten den universitären Alltag und Austausch enorm. Professor Kisker war einer der letzten Vertreter tatsächlich kritischer Wissenschaft an unserem Fachbereich. Sein Tod ist damit für uns ein besonderer Rückschlag. Mit Professor Kisker ist uns, dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaft und vielen anderen ein kluger Kopf, mutiger Vorkämpfer, Unterstützer und vor allem Vorbild für viele Generationen kritischer Wissenschaftler*innen verloren gegangen. Seine Forderungen für die Demokratisierung der Hochschule, die er seit den 60er Jahren vertrat, sind weiterhin aktuell:

»Forderungen nach mehr Demokratie, Forderungen nach mehr Mitbestimmung, Forderungen nach mehr Diskussionsfreiheit, nach mehr kritischer Auseinandersetzung in den Lehrveranstaltungen sind wichtig und notwendig. Insbesondere am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften ist fundamentale Kritik an den Lehrinhalten notwendig, denn das, was bei uns gelehrt wird, ist weitgehend irrelevant.«

Wir danken ihm für sein Wirken an unserem Fachbereich und darüber hinaus und trauern um diesen Verlust. Unsere Gedanken gelten auch besonders seiner Familie, seinen Freund*innen und seinen Angehörigen.

Unser Kooperationspartner »Sozialismus«, dessen Herausgeber Klaus Peter Kisker war, gedenkt ihm mit einem eigenen Nachruf

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