Wirtschaft
anders denken.

IMK: Ausdauernde Konjunktur dank starker Binnennachfrage

17.10.2017
Lars Frantzen, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Jahrelang haben keynesianisch orientierte Ökonomen angemahnt, die Binnennachfrage stärker in den Blick zu nehmen. Nun zeigt eine Studie des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung IMK, wie sich eine kräftigte Binnennachfrage auf die Konjunktur auswirkt: positiv.

»Dieser etwas andere Aufschwung hat Maß und Mitte, und das gibt ihm Ausdauer«, sagt IMK-Direktor Gustav A. Horn. »Anders als noch vor einem Jahrzehnt stammt das Wachstum nicht überwiegend aus dem Außenhandel, sondern wir haben eine Mischung. Die Beschäftigten profitieren jetzt mit – sowohl von einer positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt als auch von stärker steigenden Löhnen. Die Einkommen steigen merklich an, ohne dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit darunter leiden würde. Die Folge ist ein solider Konsum, der die Konjunktur stützt – auch in Phasen, in denen die Weltkonjunktur verhaltener läuft. So zeigt sich, dass ein von der Binnennachfrage getragener Aufschwung erfolgreich sein kann.«

Die Ökonomen des Instituts der Hans-Böckler-Stiftung bezeichnen in ihrer neuen, 31 Seiten umfassenden Studie den aktuellen Aufschwung als »vergleichsweise gemächlich, aber dafür außerordentlich robust«. Er sei auch »kürzer als meist angenommen« – ein Kommentar zu der häufig in den Medien auftauchenden Klassifizierung als »längster Aufschwung der Nachkriegsgeschichte«. In Wahrheit sei die aktuelle Konjunktur kürzer als »die Aufschwungphasen der 1990er und 2000er Jahre«, so die IMK-Forscher unter Verweis auf die zwei Quartale mit schrumpfendem BIP Ende 2012.

Exportabhängige Konjunktur hätte nicht so schnell Tritt gefasst

Als »bemerkenswert« bezeichnet das IMK, dass diese »Mini-Rezession« in einem »weltwirtschaftlich schwierigen Umfeld« nur ein »Intermezzo« geblieben sei. »Eine exportabhängige Konjunktur früherer Prägung hätte niemals so schnell wieder Tritt gefasst«, so Horn – der die deutsche Wirtschaft »nicht im Sprint, aber im Ausdauermodus« sieht. So wachse »der private Verbrauch zwar deutlich kräftiger als in den in dieser Hinsicht sehr schwachen Nullerjahren, doch nicht stärker als in der zweiten Hälfte der 1990er. Exporte und Importe nehmen parallel zum wenig dynamischen Welthandel relativ langsam, aber kontinuierlich zu.«

»Deutlich stärker als in den vorigen Aufschwüngen« habe der Staatskonsum  zugenommen, dies sei ein »Effekt der Flüchtlingszuwanderung und des Ausbaus frühkindlicher Bildung«. Auch die Reallöhne hätten sich kräftig entwickelt, wobei hier ein Hinweis auf die Vergleichszahlen wichtig ist: »Einerseits standen die Löhne in den 2000er Jahren massiv unter dem Druck der Deregulierung des Arbeitsmarktes und der hohen Arbeitslosigkeit. Andererseits blieb in den vergangenen Jahren durch die extrem niedrige Inflation von Lohnerhöhungen real besonders viel übrig.«

Wachstumsaussichten gut, IMK-Prognose deutlich erhöht

Die weiteren Aussichten nennt man beim IMK »gut: Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts beschleunigt sich auf jahresdurchschnittlich 2,0 Prozent in diesem und 2,1 Prozent im kommenden Jahr.« Damit erhöhen die Konjunkturforscher ihre Prognose gegenüber Juli um 0,5 Prozentpunkte für 2017 und 0,3 Prozentpunkte für 2018. Das Risiko einer Überhitzung, wie anderswo gern an die Wand gemalt, sieht das IMK aber als »weiterhin sehr gering«.

Zugleich warnen die Ökonomen aber auch vor einer zu schnellen geldpolitischen Wende der Europäischen Zentralbank. »Es wäre ein Irrtum anzunehmen, die EZB könne rasch den Expansionsgrad der Geldpolitik drosseln, da die Erholung im Euroraum deutlich an Breite gewonnen hat. Die Eigendynamik des Aufschwungs ist noch zu schwach, um nennenswerte Zinserhöhungen zu verkraften und käme im Falle einer weiteren deutlichen Aufwertung des Euro zum Erliegen.«

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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