Wirtschaft
anders denken.

Konzernlobbyisten im Klassenzimmer

28.06.2016

Die Stimmen, die vor dem wachsenden Einfluss von Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Lobbygruppen auf den Schulunterricht warnen, werden lauter.

Die Kritik am wachsenden Einfluss von Wirtschafts- und Finanzverbänden wächst. Erst vor kurzem hatten sich die Kultusbehörden mehrerer Länder gegen einen Amazon-Wettbewerb für »kreatives Schreiben« ausgesprochen. Nun wendet sich die Fraktion der Partei Die Linke in einem Antrag im Deutschen Bundestag gegen die einseitige Ausrichtung der Unterrichtsinhalte »auf die Interessen der Wirtschaft«.

Auftrag der Schule sei die Herausbildung selbständig denkender Menschen, schreiben die Abgeordneten. Eine solche Schule brauche Lebensweltorientierung und eine feste Verankerung in der gesamten Gesellschaft. Da Schulen wegen knapper finanzieller Mittel oft keine neuen Unterrichtsmaterialien anschaffen könnten und mit veralteten Büchern arbeiteten, griffen sie immer häufiger auf die zahlreichen, von Unternehmen, Wirtschaftsverbänden und Stiftungen kostenlos zur Verfügung gestellten Unterrichtsmaterialien zurück.

Kampf um die Köpfe der Kinder

Eine Kritik die auch Tim Engartner, Professor für politische Didaktik, teilt. Die meisten Dax-Konzerne drängten mit Unterrichtsmaterialien, Lehrerfortbildungen und Schülerassessments an die Schulen, so Engartner im OXI-Gespräch. Es finde »buchstäblich ein Kampf um die Köpfe der Kinder im Klassenzimmer statt«. Das Ziel der Unternehmen beschreibt der Professor so: »Sie wollen die geistig-moralische Grundhaltung der künftigen Generationen prägen.«

Dass es hier ein Problem gibt, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Organisationen wie LobbyControl, die den wachsenden Einfluss von Unternehmenslobbyisten beobachten, fordern daher schon länger eine Kennzeichnung externer Unterrichtsmaterialien und mehr öffentliche Mittel für die Schulen. Denn die Unterfinanzierung des Bildungssystems sei das zentrale Einfallstor für Lobbyisten.

In eine ähnliche Richtung geht auch der Antrag der Linksparteiabgeordneten. Sie fordern von der Kultusministerkonferenz, klare Kriterien für die Kooperation wischen Schule und Wirtschaft, Verbänden und zivilgesellschaftlichen Akteuren zu formulieren und »zukünftig keine von Unternehmen und Lobbygruppen erarbeiteten Unterrichtmaterialien mit dem empfehlenden Stempel oder dem Logo eines Bundesministeriums zu versehen«. Auch die Einrichtung einer unabhängigen Monitoringstelle für externe Unterrichtsmaterialien gehört zu den Forderungen des Antrags.

Weitere Artikel zur Einflussnahme von Unternehmen und Verbänden auf den Unterricht und zur Verankerung von Konkurrenz und Wettbewerb an den Schulen finden Sie in der OXI-Erstausgabe.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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