Wirtschaft
anders denken.

Lehre aus der Krise? Zwei Drittel für Änderungen in den Wirtschaftswissenschaften

01.08.2018
Tasch Michael ,Lizenz: CC BY-SA 4.0Symbolbild "Leermeinung". Was Lustigeres fiel uns nicht ein.

Ökonomen nehmen ein zunehmendes Hinterfragen der eigenen Zunft seitens ihrer Studierenden wahr. Das ist eines der Ergebnisse einer gemeinsamen Umfrage von ifo Institut und FAZ. 

»Ökonomen haben noch immer Selbstzweifel«, so hat die »Frankfurter Allgemeine« die Meldung über eine gemeinsam mit dem ifo Institut veranstaltete Umfrage unter Wirtschaftswissenschaftlern betitelt. Man gehe in der Studie »der Frage nach, wie die Volkswirte selbst die Entwicklungen in ihrer Disziplin seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor zehn Jahren bewerten«. Drehpunkt ist die recht allgemeine Feststellung, »die Finanzkrise ab 2008 hatten die wenigsten Volkswirte vorausgesehen. In der Folge gab es viel öffentliche Kritik an der VWL und ihrer Aussagekraft.«

Das ist einerseits richtig, andererseits scheint hier eine ganze Disziplin mit ihren vielen Schulen, Methoden und politischen Konnotationen wie ein monolithischer Block. Nicht viel wissen wir auch darüber, »von welchem Punkt« aus eine Mehrheit von 66 Prozent der befragten Ökonomen den Ansehensverlust des Faches durch die Krise bestätigt sieht – als Bestätigung eigener, bereits zuvor geäußerter Kritik an bestimmten Methoden, Modellen, Eingführungen oder im Sinne einer Enttäuschung?

Die Ergebnisse des Ökonomenpanels sind trotzdem ganz interessant, es wird unter anderem der Frage nachgegangen, »ob wirtschaftswissenschaftliche Modelle infolge der Finanzkrise innerhalb der Lehre und Forschung stärker hinterfragt werden«. Auch über den Einfluss der Volkswirte auf die Politik und öffentliche Meinung sollten die befragten Ökonomen Auskunft geben.

Die wichtigsten Ergebnisse: 47 Prozent der Befragten geben an, ihre Forschung und ihre Lehre aufgrund der Finanzkrise verändert zu haben – 51 Prozent taten das nicht. Es mag dafür Gründe geben, etwa, dass die Finanzkrise nicht Untersuchungsgegenstand des eigenen Forschungsgebietes ist. Wie das ifo Institut mitteilt, wurden aber auch andere Argumente angeführt, etwa dass Befragte »die Finanzkrise als politische Krise verstehen und keine Alternativen zu klassischen Modellen sehen«. Unter der knapp vorn liegenden Korrektur-Mehrheit waren Antworten nicht zuletzt dadurch motiviert, »um, auch vor dem Hintergrund der Aktualität und Bedeutung, auf Lehren aus der Krise hinzuweisen«. Das sehen aber auch 46 Prozent der Wirtschaftswissenschaftler so, die ihre Forschung und Lehre nicht verändert haben.

Es gibt durchaus Motoren der Selbstkritik: dazu gehören offenbar die Studierenden. »Eine Mehrheit der befragten Ökonomen nimmt ein zunehmendes Hinterfragen der Modelle und der Modellannahmen in der Lehre seitens ihrer Studierenden, nicht aber in der Forschung seitens der Peers bzw. Referees wahr«, heißt es beim ifo Institut. »Insgesamt gesehen stimmen 64 Prozent der Teilnehmer zu, dass sich die wirtschaftswissenschaftliche Forschung und Lehre durch die Finanzkrise verändern sollte. 26 Prozent lehnen diese Forderung ab.«

Apropos »Selbstzweifel«: Über 70 Prozent der Befragten stimmen »der Aussage, dass Ökonomen einen höheren Einfluss auf die Politik haben sollten«, 66 Prozent sind es bei der öffentlichen Meinung. Zugleich sagen fast ebenso große Mehrheiten, dass sich der Einfluss von Ökonomen auf Politik und öffentliche Meinung durch die Finanzkrise eben nicht erhöht hat.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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