Wirtschaft
anders denken.

»Dafür bestraft, in Osteuropa zu arbeiten«

21.09.2017
San Jose / Hayden120 , Lizenz: CC BY-SA 3.0

In Osteuropa liegen die Löhne im Schnitt deutlich unter den Niveaus in Westeuropa. Übliche Erklärung: Dort ist das Leben auch billiger und die Ausbildung nicht so gut. Das ist nicht einmal die halbe Wahrheit, zeigt nun eine Studie.

Wenn es um die Lohnunterschiede zwischen dem Westen und Osten Europas geht, hört man oft zwei Behauptungen: Im Osten seien doch auch die Lebenshaltungskosten in Osteuropa niedriger. Und außerdem spiegele sich in der Lohnlücke auch ein geringeres Ausbildungsniveau wider. Beides ist falsch, wie jetzt eine Studie des Europäischen Gewerkschaftsbunds zeigt. Die belegt zudem, dass die Ost-West-Lohnunterschiede größer als bisher angenommen sind.

Das European Trade Union Institute ETUI hat die Lohnunterschiede unter die Lupe genommen – und die sind selbst dann noch beträchtlich, wenn man die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten einrechnet. Der durchschnittliche Lohnunterschied zur Bundesrepublik beträgt in Rumänien netto über 944  Euro, in Umgarn liegt er mit gut 840 Euro unter dem deutschen Durchschnitt, in Bulgarien über 825 Euro darunter. Von den osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten steht es in dieser Frage in Litauen noch am besten. Auch hier verdienen die Menschen aber im Schnitt 313 Euro netto weniger als hierzulande.

Ausbildung und Kaufkraftparität eingerechnet

Nimmt man noch die Ausbildungsniveaus in den Blick, wird die Lage noch ungleicher. Die ETUI-Studie hat in etwa gleichaltrige und gleich ausgebildete Beschäftigte miteinander verglichen – und im Ergebnis wird der Lohnunterschied im Vergleich zu Westeuropa sogar größer. Rechnet man also die Zusammensetzung der Belegschaft und die Kaufkraftparität in den Vergleich der Löhne mit ein, liegt der Durchschnitt in Rumänien sogar über 1.058 Euro netto unter dem deutschen Schnitt, in Ungarn geht die Lücke auf über 947 Euro auf, in Bulgarien auf über 955 Euro netto pro Monat.

»Beim Lohn wird man dafür bestraft, in Osteuropa zu arbeiten«, kritisiert EGB-Vorstandsmitglied Esther Lynch die Ergebnisse. »Die Lohnlücke kann weder mit den Lebenshaltungskosten noch mit der unterschiedlichen Zusammensetzung der Belegschaften erklärt werden.« Die Forderung der Forscher: Die EU und die Mitgliedstaaten sollten einen gesetzlichen Rahmen für Tarifverträge in Osteuropa schaffen.

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