Wirtschaft
anders denken.

Russlands Reichtum – in den Händen weniger

12.04.2019
Foto: Adam Jones , Lizenz: CC BY-SA 2.0

In Russland besaßen die reichsten drei Prozent im vergangenen Jahr fast 90 Prozent des gesamten Geldvermögens. Acht von zehn Familien haben dagegen Probleme, die aus ihrer Sicht nötige Mindestmenge an Produkten zu kaufen.

Neue Zahlen über die drastische Ungleichheit in dem Land haben jetzt die Moskauer Higher School of Economics und die staatliche Wneschekonombank vorgestellt, wie Medien berichten. Laut der Wirtschaftszeitung »Kommersant« sei dies die erste umfassende Studie über die Vermögensungleichheit in Russland. Laut dem Bericht liegen 89 Prozent aller Finanzanlagen, 92 Prozent aller Termingelder und 89 Prozent aller Barersparnisse bei den drei Prozent Superreichen.

Der Anteil des Vermögens der Supperreichen sei seit 2013 zwar rückläufig, an den Ungleichheitsverhältnissen habe dies aber kaum etwas geändert. In der Bundesrepublik kommen die 45 reichsten Haushalte auf ein Vermögen, das so groß ist wie das der ärmeren Hälfte der Bevölkerung – beide besaßen den Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung 2014 insgesamt rund 214 Milliarden Euro. »Die reichsten fünf Prozent besaßen demnach im Jahr 2014 mit 51,1 Prozent mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens«, so der »Spiegel« vor einem Jahr.

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»The Moscow Times« hatte bereits vor wenigen Wochen auf neuere Zahlen von »Forbes« verwiesen, laut denen 98 RussInnen zusammen auf ein Gesamtvermögen von 421 Milliarden US-Dollar kommen – das ist mehr als die kumulierten Bankersparnisse der gesamten Bevölkerung, das auf 420,7 Milliarden US-Dollar taxiert wird. Laut der Bank Credit Suisse gehören 89 Prozent des gesamten Reichtums des Landes, also neben den Geldvermögen auch andere Besitztümer und Aneignungsrechte, den reichsten zehn Prozent unter den RussInnen.

Bereits Anfang April sorgte ein Streit über einen Bericht der russischen Statistikbehörde Rosstat über die soziale Lage in dem Land für Schlagzeilen. Bei Interviews in 60.000 Haushalten habe sich gezeigt, dass acht von zehn Familien Probleme haben, »die aus ihrer Sicht nötige Mindestmenge an Produkten zu kaufen, knapp 15 Prozent gar ›große Schwierigkeiten‹«, wie die FAZ aus dem Report zitiert.

Jeder zehnte Haushalt kann es sich nicht leisten, wenigstens alle zwei Tage Fleisch, Geflügel oder Fisch zu essen; fast die Hälfte der Familien ist zu arm für eine Woche Auswärtsurlaub im Jahr. Auch die Gesundheitsversorgung können sich viele nicht leisten. Die Zahlen lösten eine kontroverse Debatte aus, in deren Folge sich die Statistikbehörde nach Kritik aus der Putin-Regierung darauf zurückzog, dass viele Ergebnisse immerhin besser als in der Vorgängerstudie von 2016 seien und auf Unschärfen durch subjektives Anwortverhalten verwiesen.

Laut Rosstat sind die Realeinkünfte seit 2014 um elf Prozent gesunken. Offiziell gilt in dem Land als arm, wer weniger als 153 Euro im Monat verdient. Zur Deckung des Lebensbedarfs sind laut der Behörde jedoch durchschnittlich rund 800 Euro im Monat erforderlich sind, für Rentner gut 530 Euro nötig. Die entsprechendeArmutsquote dürften also wenig aussagekräftig sein, sie lag für 2017 bei 12,9 Prozent, das sind knapp 19 Millionen Menschen. 

Ein Korrespondent des Schweizer Fernsehens sagte, »es herrscht ein Gefühl von Stagnation. Gemäß Umfragen machen immer mehr Leute Putin für die schlechte Wirtschaftslage verantwortlich«. In der ARD wird der Wirtschaftsexperte Michail Chasin mit den Worten zitiert, die soziale Lage sei »das Ergebnis der Wirtschaftspolitik der Regierung«, die Einkommen würden schon länger zurückgehen. »Nun entwickelt es sich dahin, dass ein Drittel der Bevölkerung im totalen Elend lebt.« 

Anmerkung: In einer früheren Version waren Vermögens-Anteile der unteren Haushaltsklassen aufgeführt, die der »Kommersant« berichtet, die aber rechnerisch unstimmig sind. Wir bemühen uns um Aufklärung.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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