Wirtschaft
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Selbstverständlich Superheldin: In Österreich ist das zweite Frauenvolksbegehren gestartet

12.02.2018
Frauenvolksbegehren

Gleichstellung nicht nur in der Arbeitswelt, Teilhabe und Respekt, Schutz vor Gewalt und Verteidigung von Selbstverständlichkeiten: In Österreich ist das zweite Frauenvolksbegehren gestartet. Worum es geht und warum das wichtig ist, steht hier im OXI-Überblick:

In Österreich ist das zweite Frauenvolksbegehren gestartet. Es geht um Gleichstellung nicht nur in der Arbeitswelt, um Teilhabe, Respekt und Wertschätzung – und es geht um ein Signal gegen die drohende geschlechterpolitische Reaktion in Zeiten einer Regierung, an der Rechtsradikale beteiligt sind. Schon 1997 hatte es ein solches Frauenvolksbegehren gegeben. Damals machten sich rund 650.000 Menschen für die Gleichstellung von Frauen in Österreich stark. »Aber gleichgestellt sind Männer und Frauen noch immer nicht. Nun könnten sogar Rückschritte drohen.«

Worum geht es? »Frauen haben unterschiedliche Bedürfnisse, gehen verschiedene Lebenswege. Trotzdem ist ihnen allen gemein, dass sie aufgrund des sozialen Status Frau immer wieder in ihrem Leben Gewalt, Ausgrenzung, Diskriminierung erfahren«, fasst die Initiative das Motiv zusammen. Jede Frau in Österreich kenne das. Das Frauenvolksbegehren soll nun nicht nur »für die Sichtbarkeit und Rechte von Frauen in ganz Österreich« sorgen, sondern stellt auch »klare Forderungen an die österreichische Regierung«.

So soll es zum Beispiel eine verpflichtende Geschlechterquote von 50 Prozent auf allen Ebenen geben. »Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen. Trotzdem nehmen sie an Entscheidungstischen in der Wirtschaft und in der Politik nicht die Hälfte der Plätze ein«, heißt es dazu. »Zur Beseitigung der Einkommensschere muss Arbeit endlich fair bewertet, die Gehaltstransparenz ausgebaut und die Vergleichbarkeit von Gehältern ermöglicht werden.« Ein weiteres Ziel: »Eine allgemeine 30-Stunden-Woche soll schrittweise eine gleiche Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit schaffen und ein gutes Leben für alle ermöglichen.«

Gegen stereotype Darstellungen

Das Frauenvolksbegehren wendet sich auch gegen die »stereotype Darstellungen von Frauen und Männern, beginnend bei der Sexualisierung von Kindern durch Waren, Marketing und pädagogische Konzepte«, mit der Rollenerwartungen verstärkt und die Gleichwertigkeit der Geschlechter in Frage gestellt werden.

Das gilt auch für Werbung, Spielzeug und Schulbücher: »Die meisten Medien- und Kulturprodukte beschreiben Frauen und Männer fast ausschließlich auf klischeehafte und oft auch abwertende Weise«, ist da mit Blick auf »dümmliche Hausfrauen« und halbnackte »Magermodels« die Rede. »Aber nur selten eine starke und kluge Superheldin, Forscherin oder Präsidentin«. Solche Rollenklischees hätten »nachhaltige negative Auswirkungen  auf die spätere Berufswahl und  stellen ernstzunehmende Gefahren für die physische und psychische Gesundheit dar«. Deshalb macht sich das Frauenvolksbegehren auch für ein »Verbot sexistischer Werbung und die Förderung von respektvollen, klischeefreien Medieninhalten« stark.

Mit einem existenzsichernden staatlichen Unterhaltsvorschus soll die weit verbreitete Armut unter den 300.000 Alleinerziehenden in Österreich, von denen 90 Prozent Frauen sind, bekämpft werden. Ein Rechtsanspruch auf kostenlose, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung, soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. »Menschen sollen sich frei entwickeln und entfalten können und an der Gestaltung von Gesellschaft mitwirken können, wenn sie wollen. Notwendig sind Vielfalt, Respekt und Parität auf allen gesellschaftlichen Ebenen sowie auch Absicherung vor Armut.«

Es geht auch um den Erhalt von Selbstverständlichkeiten

Und in Zeiten, in denen rechtsradikale und regressiv-konservative Stimmen wieder lauter werden, pocht das Frauenvolksbegehren auch auf den Erhalt von Selbstverständlichkeiten: Selbstbestimmung, einen kosten- und barrierefreie Zugang zu Verhütungsmittel, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, auf Kinderbetreuung, auf den Ausbau von Gewaltprävention, Gewaltschutz und die Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe.

Mädchen und Frauen sollen »aufgeklärt, frei von Zwängen und unabhängig über ihre Sexualität bestimmen dürfen. Daher muss ihr Recht, frei über ihren Körper entscheiden zu können, stärker geschützt und nachhaltiger garantiert werden«. Die Dringlichkeit wird mit Blick auf die Zahlen deutlich: Jede fünfte Frau in Österreich über 15 ist bereits »von körperlicher Gewalt betroffen und sogar fast drei Viertel von sexueller Belästigung«. Das Frauenvolksbegehren will helfen, »diese untragbaren Zustände zu beenden«

Zunächst sind etwa 8.400 Unterschriften nötig, »um das Frauenvolksbegehren offiziell einzureichen«, heißt es bei der überparteilichen Bewegung, die von vielen bekannten Namen unterstützt wird. In einer offiziellen Eintragungwoche braucht die Initiative dann mindestens 100.000 Unterschriften, »damit wird das Frauenvolksbegehren im Nationalrat behandelt«.

Für das Frauenvolksbegehren machen auch Politiker der Opposition Werbung. »Ex-Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und die Wiener SPÖ-Frauen-Chefin Renate Brauner werden im Wiener Alten Rathaus unterschreiben – zahlreiche Grün- und SPÖ-Politiker tun das heute in den Bundesländern«, heißt es auf dem Portal oe24.at. Und die rechtskonservative Regierung? Die lehnt das Begehren unter anderem deshalb ab, weil es eine deutliche linke Schlagseite habe.

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