Wirtschaft
anders denken.

Sozialstaat 2020 – gekoppelt an die Erwerbsarbeit? WSI sucht nach Antworten

01.11.2017
Artem / gemeinfrei

Der Sozialstaat in der BRD ist »normativ und institutionell auf Erwerbsarbeit bezogen«. Kann das in Zukunft so bleiben? Die »WSI-Mitteilungen« halten neues Nachdenken über die Rolle von Sozialpolitik  und ihr Verhältnis zur Arbeit für nötig und laden zur Debatte ein.

Wie geht es weiter mit der sozialen Integration, der Umverteilung und den Transfersystemen? Das ist eine große Frage in einer Welt, die ökonomisch längst zusammengerückt ist und in der fortschreitende Automatisierung die Frage nach der Zukunft der Lohnarbeit aufwirft. Die »WSI-Mitteilungen« suchen nun nach Antworten: Mit einem Call for Papers will das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zur ohnehin schon laufenden »Debatte über den Stand und die Zukunft des deutschen Sozialstaats, über die Notwendigkeit und Möglichkeiten seiner Weiterentwicklung – auch im Kontext eines europäischen Sozialmodels beitragen«.

Im Status quo ist der hiesige Sozialstaat »normativ und institutionell auf Erwerbsarbeit bezogen«. Ein »erheblicher Teil der Sozialleistungen ist auf Lohnersatz ausgerichtet, zielt auf eine (Re-)Integration in Erwerbsarbeit ab, wird durch Beiträge aus Erwerbseinkommen finanziert und leitet auch Ansprüche Dritter aus dem Versicherungsstatus von abhängig Beschäftigten ab.« In den vergangenen Jahren hat es eine Reihe von Reformen in diesem Bereich gegeben, die teilweise wieder etwas zum Ausbau des Schutzniveaus  beigetragen haben – diesen gegenüber freilich stehen »auch Eingriffe in die bis dahin anerkannte Grundarchitektur des Sozialstaats«, die mit deutlichen Absenkungen der sozialen Standards einhergingen.

Das WSI will nun auf einen wichtigen Punkt hinaus: »Keiner dieser Reformschritte« – weder Richtung Sozialabbau noch in Richtung Ausbau – habe »die traditionelle Verknüpfung infrage gestellt, dass (Vollzeit-)Erwerbsarbeit der Bezugspunkt für das Schutzniveau sozialer Sicherung ist«. Hier aber liegt ein Knackpunkt künftiger sozialer Integration, denn das klassische Erwerbsmodell unterliegt gravierenden Veränderungen, sei es durch politisch beförderte Prekarisierung, sei es durch mehr Teilhabe von Frauen, sei es durch Automatisierung und Digitalisierung, sei es durch die politische Geografie sozialer Sicherung, die einzelstaatlich organisiert immer öfter ihre Begrenzungen zeigt.

»Sind Vorschläge, Visionen und Paradigmen für Sozialpolitik nötig, die über eine Korrektur vergangener Entscheidungen hinausweisen?«, fragt nun die Reaktion der »WSI-Mitteilungen« und bittet um Vorschläge für Manuskripte, in denen »sowohl die gesellschaftspolitische Funktion des Sozialstaats« reflektiert als auch »konkrete Fragen der Umsetzbarkeit von Reformvorschlägen« behandelt werden sollten. »Neues Nachdenken über die Rolle von Sozialpolitik und Sozialstaat und insbesondere ihr Verhältnis zur Arbeit erscheint notwendig«, heißt es in dem Call for Papers. Eingesandte Beitragsangebote werden per doppelt-blindem Peer Review bewertet »und bei erfolgreicher Auswahl in den WSI-Mitteilungen 2018/2019 publiziert«. Die Hefte erscheinen 8 Mal im Jahr »mit vier freien Themenheften und vier Schwerpunktheften«.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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