Wirtschaft
anders denken.

SPD-Wähler: Nur 16 Prozent glauben, die SPD habe sich bisher am besten durchgesetzt

19.01.2018
Dirk Ingo Franke, Lizenz: CC BY-SA 3.0Nach Ansicht der Plattform jedenfalls nicht die SPD, die jetzt in die GroKo geht.

Die SPD wird weithin als Verliererin der Sondierung gesehen. Die Befürworter von GroKo-Verhandlungen werben weiter mit der Behauptung, man habe der Union gute Erfolge abhandeln können. Auf Landesebene sind die letzten Treffen vor dem Sonderparteitag in Bonn geplant. Der Überblick.

Laut der »Tageszeitung« will der Landesverband NRW versuchen, die Zustimmung des Parteitags zu GroKo-Verhandlungen über die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen zu erreichen – diese sollen »zur Bedingung für ein Bündnis der SPD mit der Union« gemacht werden, schreibt das Blatt. Das Thema, das in dem Sondierungspapier nicht auftaucht, sei auch symbolisch wichtig, so Sozialdemokraten. Laut Quellen aus der NRW-SPD solle Schulz diese Forderung selbst aufstellen. Dies deshalb, weil man »den wankenden Parteichef Martin Schulz« nicht »bloßzustellen« gedenke.

Vor dem Sonderparteitag der SPD in Bonn hat sich ein Bündnis von sozialdemokratischen Politikern mit einem Appell »aus Verantwortung für Deutschland und Europa – und die SPD« für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungnen ausgesprochen. Man sei »zu dem Ergebnis gekommen, dass unsere Partei nach Abwägung aller Argumente selbstbewusst in Verhandlungen über eine Große Koalition eintreten sollte«.

Die Sozialdemokraten hätten »gerade in ihrem zentralen Kompetenzfeld der sozialen Gerechtigkeit Einiges erreichen können«, so der Aufruf, den unter anderem Niels Annen, Björn Böhning, Yasmin Fahimi, Wolfgang Thierse und Gesine Schwan unterzeichnet haben. Als Erfolge werden unter anderem die Wiederherstellung der Parität in der Gesetzlichen Krankenversicherung genannt. Es werden aber auch Punkte aufgelistet, bei denen – wie etwa bei der Grundrente oder der Festschreibung des Rentenniveaus – Experten eindeutig sagen, es handele sich um Mogelpackungen.

Das sehen offenbar auch viele Wähler so. Jedenfalls zeigt eine weitere Umfrage, dass die meisten Bundesbürger die SPD als Verliererin der Sondierungsgespräche mit der Union wahrnehmen. Nur 9 Prozent glauben, die SPD hätte ihre Ziele in den Gesprächen bisher am besten durchgesetzt (29 Prozent: die CDU, 15 Prozent: die CSU). Sehr hoch ist der Anteil derer, die keine Partei nennen oder keine Angaben machen (47 Prozent). Unter den SPD-Wählern sagen nur 16 Prozent die SPD hätte ihre Ziele in den Gesprächen bisher am besten durchgesetzt – das sind weniger als das Wahlergebnis der Partei bei den Bundestagswahlen.

Laut der »Rheinischen Post« haben über 40 Prozent der abhängig Beschäftigten nichts von dem vereinbarten Rückkehrrecht von einem Teilzeit- in einen Vollzeitjob – weil sie in zu kleinen Betrieben arbeiten.

Am Donnerstag konnte sich die SPD-Spitze der Unterstützung der Gewerkschaften versichern. Nach einer Runde des Gewerkschaftsrates, dem Mitglieder des SPD-Präsidiums sowie die Mitglieder des DGB-Bundesvorstands angehören, die Mitglied der SPD sind, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann, die Sondierungsergebnisse enthielten »viel Substanz« für Beschäftigte. Das solle man »nicht einfach auf der Straße liegen lassen«.

Welche Termine stehen vor dem Parteitag noch an?

Derweil geht die Debatte in den Ländern weiter. In Mecklenburg-Vorpommern treffen sich am Freitag über 100 Funktionäre der SPD in Güstrow, um mit Landespolitikern über das Sondierungsergebnis zu beraten. »Mehrere Ortsvereine im Land, darunter der von Landesparteichefin Manuela Schwesig in Schwerin, haben sich gegen eine GroKo ausgesprochen«, schreib die Deutsche Presse-Agentur. Die Landes-SPD hat lediglich fünf Parteitagsdelegierte, darunter der Vorsitzende der Landtagsfraktion, Thomas Krüger – der sich für die GroKo-Verhandlungen ausspricht.

In Nürnberg trifft sich am der bayerische SPD-Landesvorstand. Zu der Runde sind auch alle 78 Delegierten für den Bundesparteitag in Bonn eingeladen. Eine Abstimmung über das Sondierungsergebnis ist nicht geplant.

In Mainz kommt der Landesvorstand der SPD in Rheinland-Pfalz zusammen, auch hier soll kein Beschluss gefasst werden. Der Landesverband hat 49 Delegierte, von der Basis werden Zweifel und Skepsis gegenüber einer GroKo gemeldet.

Wie ist der Stand der Debatte?

Im »Tagesspiegel« drohte Ex-Parteichef Franz Müntefering, entscheide sich die SPD am Sonntag gegen die GroKo, sei dies »der Einstieg zum Abstieg in die Bedeutungslosigkeit der Sozialdemokraten in Deutschland«. Müntefering verglich das Delegiertentreffen in seiner Bedeutung gar mit dem von Bad Godesberg 1959, als sich die Sozialdemokraten von Marx verabschiedeten und zur integrierenden Volkspartei erklärten.

Laut Fraktionschefin Andrea Nahles sollen etwa ein Drittel der Delegierten des Sonderparteitag noch unentschlossen sein. Die SPD-Spitze wirbt weiterhin massiv für ein Ja zu Koalitionsverhandlungen. »Oppositionsromantik ist auch keine Lösung«, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer dem »Spiegel«. Eine Erneuerung der SPD sei »auch als Teil einer Regierung möglich«.

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert, der den GroKo-Gegnern in der SPD ein Gesicht gibt, erneuerte aber seine Kritik: Viele zentralen Zielsetzungen habe man in den Sondierungsgesprächen nicht durchsetzen können. Kühnert sagte, die Sozialdemokraten würden nicht als »Korrekturbetrieb in der Bundesrepublik« gebraucht, sondern als »die starke linke Volkspartei, die eigene Ideen für die Zukunft unserer Gesellschaft entwickelt«. Warnungen vor einer Spaltung der SPD wies er zurück, man streite in der Sache, lasse sich aber nicht auseinandertreiben.

SPD-Vize Manuela Schwesig bezog einen Standpunkt, der für die Argumentation vieler Spitzensozialdemokraten steht: Wir können ja nicht anders. Sie »hätte es auch gut gefunden, wenn die SPD in die Opposition gegangen wäre«, so Schwesig nun gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: »Nach dem Scheitern von Jamaika hatten wir allerdings nur noch zwei Möglichkeiten: Neuwahlen, für die es keine Mehrheiten gab und auf die wir nicht ausreichend vorbereitet waren. Oder eben sondieren, was gemeinsam möglich ist.« Hierbei sei man erfolgreich gewesen.

Darüber hinaus wird oft auf das Risiko hingewiesen, die AfD könne bei Neuwahlen noch stärker werden. Oder darauf, dass sie SPD noch weiter abschmiert. »Es gibt kein Naturgesetz, das den bisherigen Stimmenanteil der SPD festschreibt. Es kann auch noch schlimmer kommen«, so der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil.

Hier geht es zum großen OXI-Überblick zur Regierungsbildung.

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