Wirtschaft
anders denken.

Starke Gewerkschaften verringern Ungleichheit

07.09.2017
Foto: Friedemann Wagner, Lizenz: CC BY-SA 3.0Auf einer Maikundgebung

Erneut zeigt eine Studie: Starke Gewerkschaften verringern die Einkommensungleichheit. Sinkt hingegen der Organisationsgrad unter den Beschäftigten, legen die Einkommen der oberen zehn Prozent zu.

Vor ein paar Tagen war hier im OXI Blog schon einmal von Gewerkschaften und ihrer Stärke in der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit die Rede. Besser gesagt: von ihrer Schwäche. Zurückgehender Organisationsgrad und bröckelnde Tarifbindung schlagen auch auf die gesellschaftliche Einkommensentwicklung durch. In welchem Maße das geschieht, haben jetzt erneut Wissenschaftler nachgerechnet: In Zeiten, in denen verhältnismäßig viele Menschen in einer Gewerkschaft organisiert sind, steigt vor allem das Einkommen der mittleren Einkommensgruppen deutlich. Sinkt hingegen der Organisationsgrad unter den Beschäftigten, legen die Einkommen der oberen zehn Prozent zu.

Wer sich die Zahlen des Economic Policy Instituts (EPI) anschaut, die sich die Entwicklung in den USA über einen langen Zeitraum dafür angesehen haben, wird angesichts der Deutlichkeit, mit der die Schere in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter auseinanderklafft, womöglich sogar überrascht sein. Man muss nicht einmal von einem allzu engen statistischen Zusammenhang ausgehen – dass abnehmender Organisationsgrad und steigende Einkommen der Oberen zusammenhängen, ist aber wohl kaum zu bestreiten. Selbst wenn man noch viele andere Einflussfaktoren benennen kann. »Gewerkschaften verringern die Ungleichheit und sind von wesentlicher Bedeutung, wenn es darum geht, dass Beschäftigte einen gerechten Anteil vom Wirtschaftswachstum erhalten«, schreibt das als mitte-links geltende Economic Policy Institut.

Ähnliche Studien hat es auch schon zuvor gegeben. 2015 verwies bereits eine Untersuchung des Internationalen Währungsfonds, inwieweit die Einkommensverteilung von der Stärke der Gewerkschaften abhängt. Auch hier das Ergebnis: Ein sinkender Anteil gewerkschaftlich organisierter Beschäftigter steht in einem Zusammenhang mit der Polarisierung der Verteilung. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung fasste das damals so zusammen: »Was die oberen zehn Prozent zwischen 1980 und 2010 auf Kosten niedrigerer Einkommensgruppen gewonnen haben, sei rund zur Hälfte auf geschwächte Gewerkschaften zurückzuführen.« Andere Faktoren wie technologische Veränderungen , ausländische Niedriglohnkonkurrenz, Steuersenkungen für Besserverdiener und so weiter wurden in die Überlegungen einbezogen. Die IWF-Studie von 2015 nahm dabei Daten aus 14 Ländern in den Blick, darunter Frankreich, Italien, Spanien, die USA und die Bundesrepublik.

Aber was bedeutet das eigentlich: gewerkschaftliche Stärke? In den hier genannten Forschungsarbeiten wird darauf abgestellt, dass Beschäftigtenorganisationen auf verschiedenen Wegen die Einkommensverteilung beeinflussen können – je stärker sie sind, umso eher. Das geht auf betrieblicher Ebene los, also mit Blick auf Tarife und die Markteinkommen; das betrifft aber auch den politischen Einfluss auf Steuerpolitik und Gestaltung der Sozialsysteme.

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