Wirtschaft
anders denken.

Statt Grexit: Griechenland hofft nun auf Grinvest

10.09.2017
Foto: FrangiscoDer, Lizenz: CC BY-SA 3.0Alexis Tsipras

»Das Ende der Krise in Griechenland wird auch das Ende der Krise Europas sein«, sagt Alexis Tsipras. Der SYRIZA-Premier setzt auf ein Anziehen des Wachstums – und kündigt für die Schwächsten Entlastungen an. Derweil demonstriert wenigstens die Europafraktion der Linken »Solidarity against Austerity«.

»Niemand interessiert sich mehr für die Griechen«, so heißt es in einem Gedicht von Volker Braun. Das ist gemünzt auf die politische Linke, die noch im „griechischen Frühling“ des Jahres 2015 große Hoffnungen in den Wahlsieg von SYRIZA in Griechenland setzten, leider ziemlich richtig.

Umso besser, dass die Europafraktion der Linkspartei das Thema Krisenpolitik nun bei einem Kongress »Solidarity against Austerity – Solidarität mit Griechenland« noch einmal auf die Tagesordnung setzten. Einerseits. Andererseits interessieren sich für Griechenland natürlich jede Menge Leute – die Kontrolleure der Gläubiger, potenzielle Finanzinvestoren und nicht zuletzt Ministerpräsident Alexis Tsipras. Er glaubt, das Land werde nun bald aus der jahrelangen Finanz- und Wirtschaftskrise herausfinden. Trotz Kürzungsauflagen der Gläubiger.

Gesprochen hat Tsipras in Thessaloniki bei der Eröffnung der Internationalen Messe – traditionell ein Anlass für wirtschaftspolitische Regierungserklärungen in Griechenland. Tsipras sagte dort unter anderem: »Das Ende der Krise in Griechenland wird auch das Ende der Krise Europas sein.« Das findet auch in Schlagwörtern seinen Ausdruck – die Zeiten der Bedrohung mit dem Grexits, dem Rauswurf aus der Eurozone, werde man nun hinter sich lassen, nun beginne die Ära des „Grinvest“ – denn ohne Investitionen wird der zarte Aufschwung der Volkswirtschaft nicht anhalten.

Tsipras wagte in Thessaloniki eine Prognose: Die Wirtschaft werde 2017 erstmals seit neun Jahren um zwei Prozent wachsen. In den ersten beiden Quartalen wuchs das Bruttoinlandsprodukt gegenüber den Vorjahreszeiträumen um je 0,5 Prozent. Die Erwerbslosigkeit gehe weiter zurück – wenn auch auch nur ganz langsam. Tsipras sagte, das Land sei seiner Wirtschafts- und Finanzplanung voraus. Er werde deshalb sicherstellen, dass es für die Schwächsten in der Gesellschaft Entlastungen gebe.

Bleibt die Frage, wie viel Spielrum die Gläubiger lassen. Die mit den Kreditprogrammen verbundenen Auflagen waren ein hoher Preis – vor allem für die Griechen mit kleineren Einkommen. Die Wirtschaft ist vom Spardiktat schwer gezeichnet. Praktisch wurden Banken gerettet – und die Risiken sozialisiert. Das alles unter deutscher Führung.

Das aktuelle Kreditprogramm, hierzulande gern als „Hilfe“ verbrämt, läuft noch bis August 2018. Offen ist noch, ob der Internationale Währungsfonds IWF in das laufende Kreditprogramm noch mit einsteigt. „Wir können mit oder ohne die Anwesenheit des IWF leben“, sagt Tsipras – die Griechen könnten „aber nicht damit leben, wenn der Fonds mit einem Fuß drin und mit dem anderen draußen ist“. Bis Ende des Jahres könnte eine Entscheidung fallen. Die wird dann auch in Berlin aufmerksam verfolgt – die Zustimmung zum aktuellen Kreditprogramm hatte die Union seinerzeit mit dem Versprechen bei ihren Abgeordneten erkauft, der IWF werde wieder mit an Bord sein.

Geschrieben von:

Vincent Körner

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