Wirtschaft
anders denken.

Steuern? Ins Paradies kommen nur die Reichen – auch in Griechenland 

20.12.2017
SteuernGgia, Lizenz: CC BY-SA 4.0

Soziale Ungerechtigkeit ist die politische Wahl derjenigen, die glauben, dass die Besteuerung der durch Gläubiger Griechenlands aufgezwungene Reformen die Verantwortung der Armen seien, während die Mächtigen und die politische Elite das Recht haben, Steuern zu umgehen.

Paradise und Oasen wecken idyllische Vorstellungen von utopischen Orten, die für uns Normalsterbliche immer ein unerreichbarer Traum zu bleiben haben. Doch für Wenige gibt es das Angebot offenbar auch auf Erden.

Die klügsten und die meisten unter den Ultrareichen auf der Welt nutzen sie bereits, um dort ihre Vermögen in Sicherheit zu bringen. In »Sicherheit« vor dem Fiskus und den Gesellschaften, in denen sie erwirtschaftet worden sind. In Erinnerung gerufen haben dies die im November öffentlich gemachten »Paradise Papers« – ein zynischer Name, wie ich finde. Die vom investigativen Journalistennetzwerk (ICIJ) veröffentlichten Listen globaler Off-shore-Geschäftstätigkeiten hätten besser »legale Steuerhinterziehung-Papers« oder »Verantwortungsvermeidungs-Papers« genannt werden sollen.

Namen aus den Reihen der exquisitesten Griechen

Mit den »Paradise Papers« wurde erneut die Binsenweisheit bewiesen, dass das Kapital keine Heimat hat. Es ist international und bewegt sich »jenseits der Nation«, auch wenn das Herkunftsland dieser Vermögen zum Beispiel Griechenland heißt, das die geparkten Milliarden nötig hätte, um wieder souverän zu werden und die eigene Budgethoheit von der Quadriga und den Gläubigern zurückzuerlangen. Zumindest geht die Debatte, die in Griechenland läuft, in diese Richtung, seit aufgedeckt wurde, dass in den »Paradise Papers« auch 130 Namen aus den Reihen der exquisitesten Griechen vorkommen.

Dabei listete die Zeitung »Ethnos«, die Teil des Netzwerks ICIJ ist, Großunternehmer und Personen auf, die in engem Kontakt mit der politischen Elite stehen. Darunter sind etwa die Reeder Giannis Alafouzos und Giannis Vardinogiannis, die außer ihren Schiffs otten, Öl- und Konstruktionsunternehmen auch wichtige Fußballmannschaften, zentrale Fernsehsender wie SKAI oder STAR, sowie große Zeitungen besitzen und betreiben.

Besonders heftig jedoch ist, dass auch die Ehefrau des Vorsitzenden der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Mareva Mitsotaki, in den »Paradise Papers« auftaucht. Aufgedeckt wurde, dass sie ein Off-Shore-Unternehmen auf den Cayman Inseln unterhält, das nie gegenüber dem griechischen Staat als Vermögen der Familie Mitsotaki deklariert worden ist.

Reaktionen an Zynismus kaum zu übertreffen

Die Reaktionen der Betroffenen sowie des ND-Spitzen war an Zynismus kaum zu übertreffen. Der Vorsitzende, Kiriakos Mitsotakis, dessen Familie schon seit vier Generationen das politische Personal der Konservativen stellt, ein Politiker, der zudem gerade eine harte Oppositionskampagne gegen die linke SYRIZA fährt und seinen Wahlsieg als Premier bei den nächsten Wahlen für sicher hält, sagte: »Ich habe keine Illusionen von einer Gesellschaft ohne Ungleichheit, so etwas geht gegen die menschliche Natur.«

Der Vizepräsident der ND wiederum, Adonis Georgiadis, gab sich pragmatischer. Ohne Bezug auf Naturgesetze kommentierte er: »Je mehr die Regierungen im internationalen Kapitalismus die Steuern erhöhen, desto mehr versuchen manche Menschen ihre Vermögen vor der Plünderung seitens des Staates zu retten.« Nicht zuletzt wären die in den »Paradise Papers« aufgeführten Geschäfte gemäß internationalem Recht legal.

Solche Aussagen blieben nicht unkommentiert. Premier Alexis Tsipras klagte an, »die internationale Elite, verbirgt riesige Geldsummen in Steuerparadiesen. Damit gehen sie systematisch Kontrollen und Besteuerung aus dem Weg.« Finanzminister Efklidis Tsakalotos betonte, dass es die Regierung durch Erhöhungen der Steuern geschafft hätte, zusätzliche 450 Milliarden in die Staatskassen fließen zu lassen. Diese horrenden Steuererhöhungen hätten den Mittelstand und die Armen belastet – während die riesigen Vermögen in Steuerparadisen liegen.

Aus der Debatte wurden politische Konsequenzen gezogen: Inzwischen wurde der Oberste Gerichtshof mit der Überprüfung der Paradise-Liste beauftragt. Die PrüferInnen werden alle juristischen und physischen Personen der Paradise Papers untersuchen und die Namen mit denen der anderen Listen – wie etwa der Lagarde-Liste oder der Panama-Listen – vergleichen.

Tragen auch die Profiteure etwas bei?

Ziel ist herauszufinden, inwiefern die Vermögen von legalen Unternehmungen stammen, wie sie mit inländischen wirtschaftlichen Tätigkeiten zusammenhängen und ob diese in Griechenland versteuert werden müssten. Die Hoffnung lautet, dass so auch diejenigen zur Verantwortung gezogen werden und zur Sanierung des griechischen Staates und der Wirtschaft beitragen, die jahrelang am meisten von beiden profitiert haben.

Dies zeigt auch, dass die klaffende Ungerechtigkeit vielleicht doch nicht naturgegeben ist, denn entsprechender politischer Wille kann diese eindämmen, wie der SYRIZA-Fraktionsvorsitzende Kostas Zacharias anmerkte: Soziale Ungerechtigkeit ist die politische Wahl derjenigen, die glauben, dass die Besteuerung der drei Memoranden (durch Gläubiger Griechenlands aufgezwungene Reformen) die Verantwortung der Armen seien, während die Mächtigen und die politische Elite das Recht haben, Steuern zu umgehen. Und zwar mit der Begründung, dass die Besteuerung übertrieben sei.

Geschrieben von:

Margarita Tsomou

Autorin

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