Steuervermeidung – das Hobby der Reichen
Die Enthüllung der Panama Papers zeigt, dass Steuervermeidungen zu einem Hobby der Reichen geworden sind. Doch wie viel Geld entgeht eigentlich dem deutschen Fiskus jährlich?
Das Zahlen von Steuern ist eine der Pflichten, die alle deutschen BürgerInnen zu erfüllen haben. Steuern sind eine bestimmte Form der Geldleistung, die keine individuelle Gegenleistung des Staates hervorruft, sondern der Finanzierung zur Sicherung seines Gebiets, zur Reproduktion seiner BürgerInnen und anderer nationaler und supranationaler Aufgaben dient. Steuern sind die finanzielle Grundlage des modernen, kapitalistischen Staates.
Gemessen an der Wirtschaftskraft nahm die Bundesrepublik Deutschland 2015 im Vergleich zu den Vorjahren weniger Steuern ein. Begünstigt wurde das durch Steuerreformen der letzten Jahrzehnte. Das nützt vor allem dem Kapital. Seit der Liberalisierung der Finanzmärkte in den 1980er Jahren verschiebt sich die Verteilung der Steuerlast zwischen Kapital und Arbeit zunehmend zu Lasten der Arbeit. Während Arbeitseinkommen besonders hoch durch Abgaben und Steuern belastet werden, kommen Kapitaleinkünfte relativ glimpflich davon.
Im Gegensatz zum EU-weiten Trend stieg das absolute Steueraufkommen in Deutschland nach der Finanzkrise an. Der Staat erhält also trotz verringertem relativen Steueraufkommen und der Steuerreformen, die das Kapital entlasten, mehr Geld. Das könnte zwei Ursachen haben. Erstens könnten die sinkenden Arbeitslosenzahlen ein Auslöser sein. Zweitens könnten gestiegene Steuereinkommen aus Kapitaleinkünften diesen Zuwachs erklären.
Könnten. Doch die Panama Papers, veröffentlicht am 3. April 2016 von einer Gruppe investigativer JournalistInnen um die Süddeutsche Zeitung (SZ), lassen zumindest Ursache zwei unwahrscheinlich erscheinen. Über 11,5 Millionen Dokumente, die aufzeigen, wie ein Netzwerk aus Banken, AnwältInnen und VermittlerInnen Vermögen in Steueroasen versteckt. In Orten also, an denen keine oder nur sehr geringe Steuern auf Vermögen oder Einkommen erhoben werden. Die Panama Papers sind nicht der erste und werden auch nicht der letzte aufgedeckte Fall von Steuervermeidung sein. Sie dokumentieren jedoch, dass Steuerflucht für Menschen mit hohen Kapitaleinkünften beinah Standard ist.
Doch wie viel entgeht dem deutschen Fiskus durch die Steuerhinterziehung jedes Jahr? Die Schätzungen, und mehr als Schätzungen können es auch nicht sein, gehen weit auseinander. 50 Milliarden Euro schätzt die Deutsche Steuer-Gewerkschaft, auf 70 bis 100 Milliarden kommt die Memo-Gruppe, und eine Studie von Richard Murphy errechnet, dass dem deutschen Staat durch Steuerhinterziehungen jedes Jahr 158 Milliarden Euro entgehen. Diese Schätzungen zeigen nicht nur, wie unterschiedlich die Schattenwirtschaft bewertet wird, sondern auch, dass die Maßnahmen gegen Steuervermeidung, die in den Jahren nach Ausbruch der Finanzkrise umgesetzt wurden, nicht oder zu wenig greifen.
Der Aufschrei nach besseren und strengeren Regeln, nach dem Schließen von Steuerschlupflöchern und –oasen, wird wahrscheinlich, wie in den letzten Fällen, schnell wieder verstummen. Zurück bleiben wird der Versuch der linken Parteien, das Steuersystem gerechter zu gestalten. Frei nach dem Grundsatz von Marx, dass Steuererhöhung den ArbeiterInnen zwar auch schaden, aber ihre Senkung nur den KapitaleigentümerInnen nutzt, da so ihr Profit gesteigert werden kann. Und auch rechtspopulistische Parteien wie die AfD werden die Veröffentlichungen zum Anlass nehmen, Einschränkungen zu fordern. Damit deutsches Geld auch in Deutschland bleibt. Ob sich etwas ändern wird? Warten wir ab!
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