Wirtschaft
anders denken.

Die Trumpwirtschaftslehre: Hirngespinste und Ressentiments

14.02.2017
Donald Trump vor zwei US-FahnenFoto: Gage Skidmore / Flickr CC-BY-SA 2.0 LizenzTrump, ein nationaler Keynesianist? Eine grandiose Fehleinschätzung!

Donald Trump inszeniert sich gern als Anwalt der kleinen Leute. Irritierend ist, wie manche Linke auf diese Versprechen reagieren. Heiner Flassbeck und Sahra Wagenknecht zum Beispiel.

Donald Trump setzt auf Protektionismus. Sein Ziel: das amerikanische Leistungsbilanzdefizit im Handel mit China, Mexiko und Deutschland zu begrenzen, also den Exportüberschüssen dieser Länder Grenzen zu setzen. Das aber stellt das deutsche Exportmodell in Frage, weshalb die deutsche Exportorientierung seit einigen Tagen auch hierzulande auf der Tagesordnung steht. Die Aufregung ist groß. Das kann in der Tat ein Fortschritt sein. Denn diese Aufregung und Empörung kann Diskussionen über Fragen und Gefahren auslösen, die vorher von Politik und Medien wirkungsvoll verdrängt wurden.

Ich will mich hier auf eine andere Frage konzentrieren: Wie ernst können Trumps triumphale Gesten genommen werden, er trete für das entrechtete Volk und die kleinen Leute in der US-Klassengesellschaft ein?

Die Irrtümer linker ÖkonomInnen

Irritierend ist, wie einige Linke auf diese großmäuligen Versprechen Trumps reagieren. So kritisieren der renommierte Ökonom Heiner Flassbeck und Sahra Wagenknecht, linke Wirtschaftspolitikerin und Spitzenkandidatin der Partei Die Linke, gleichermaßen, es sei heuchlerisch, wenn neoliberal ausgerichtete Medien nun Trump hart ablehnten. Der Text von Flassbeck »Der Trumpf des kleinen Mannes?« vom 23. Januar ist auf seinem Blog Makroskop für AbonnentInnen einsehbar, der Text von Wagenknecht in einem Newsletter-Mail Nr. 17 vom 5. Februar ist nur im Verteiler von Team Sahra einsehbar. Ihr Argument: Die jahrzehntelange neoliberale Politik habe Trumps Erfolg überhaupt erst möglich gemacht. Das stimmt. Danach beginnt jedoch eine meines Erachtens fatale Unterschätzung von Trump. So findet Wagenknecht zwar »vieles gruselig«, was Trump anordne. Sie meint aber, für die Linke wäre eine »andere Reaktion angemessener« als in den Chor der Empörung einzustimmen. Wie die angemessene Reaktion aber genau aussehen soll, sagt sie nicht. Und Flassbeck meint, wenn Trump »klug ist, kann er die Vollbeschäftigungspolitik sogar mit einem ökologischen Umbau der Wirtschaft verbinden, der trotz des Wirtschaftswachstums per Saldo zu weniger statt zu mehr Umweltbelastung führt«.

Nationaler Keynesianismus? Will Trump nicht, kann er nicht, und es fehlen die Voraussetzungen.

Tweet this

Vielleicht sieht ja so die von Wagenknecht gewünschte angemessene, also differenzierende Reaktion auf Trump aus. Jedoch vergisst Flassbeck hier: Trump hat keine Politik der Vollbeschäftigung versprochen und einen ökologischen Umbau gleich gar nicht. Vielmehr ignoriert er den Klimawandel und verspricht nur einer relativ kleinen Gruppe von Beschäftigten, denen seine protektionistische Politik nutzen soll, neue Arbeitsplätze in der Industrie. Mehr nicht. Und niemand weiß, wie und wo diese neuen Arbeitsplätze entstehen sollen und wie lange sie Bestand haben werden. Aus der Genugtuung heraus, dass Trump die linken Liberalen des US-Establishments geschlagen hat, folgt hier eine riskante Unterschätzung der Risiken, die Trump für die amerikanische und andere Gesellschaften bedeutet.

US-Industrie wieder aufbauen, eine Illusion

Dazu noch zwei Hinweise: Die Ankündigung von Trump, er wolle mit der US-Ökonomie einen neuen Kurs einschlagen, ist entweder dumm oder demagogisch. Denn die internationale Arbeitsteilung zu korrigieren, so wie Trump es propagiert, ist in hohem Maß unrealistisch. Wollte er tatsächlich die USA reindustrialisieren, dann müsste er eine gezielte Industrie- und Strukturpolitik gegen die momentan herrschenden Marktinteressen betreiben. Denn eine solche Reindustrialisierung würde es erfordern, das allgemeine Bildungssystem in den USA aus- und umzubauen, überhaupt erst eine qualifizierte Berufsbildung einzuführen und das Bankensystem zu regulieren, so dass das Kapital nicht für Spekulationen eingesetzt würde, sondern um Investitionen zu finanzieren.

Zum letzten Punkt dekretiert er heute schon das Gegenteil. Zudem wäre es Voraussetzung für eine solche Reindustrialisierung, die internationale Arbeitsteilung erheblich zurückzudrehen. All das scheitert nicht nur daran, dass er ein Erzkapitalist ist, sondern auch daran, dass die republikanische Mehrheit das nicht ansatzweise mitmachen wird. Deshalb ist es naiv, wenn linke ÖkonomInnen meinen, Trump könnte so eine Art von nationalen Keynesianismus versuchen. Denn: Er will nicht, er ist dazu nicht fähig, und es fehlen dafür die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen.

Trump setzt auf antistaatliche Ressentiments

Der zweite Hinweis: Trump betreibt ja keine antikapitalistische Kritik am liberalen Establishment. Er appelliert vielmehr mit Erfolg an eine primitive und nationalistische Form von Gesellschaftskritik, die in ihrem Kern antistaatlich ist. Sie steht in der Tradition der staatsfeindlichen libertären Ideologie, die in den USA sowohl von Eliten, wie auch von einem Teil der Leute, die wenig Geld haben, geglaubt wird. Die USA sind eine individualisierte Gesellschaft, in der staatliche Sozialprogramme sogar von diesen sogenannten kleinen Leuten, vor allem auf dem Land und in den kleinen Städten, für sozialistisches Teufelszeug gehalten werden. Sie wollen sie nicht, obwohl sie darauf angewiesen sind. Sie empfinden Sozialprogramme als Beweis ihres persönlichen Scheiterns. So wird Trump faktisch eine rechte Wirtschaftspolitik in der Tradition der Reaganomics durchsetzen, vermutlich noch weiter rechts als Reagan. Sie wird vor allem in einer Politik der Steuersenkungen für Unternehmen bestehen. Und sein Protektionismus wird letztlich Symbolpolitik bleiben, der einige zehntausend Arbeitsplätze sichert, mehr nicht.

Wie weit Trump seine Vorstellungen verwirklichen kann, ist offen. Er hat die US-Gesellschaft bereits in hohem Maße politisiert. Sie kann Trump hinwegfegen. Die in Gang gesetzten politischen Prozesse können aber auch in noch mehr Gewalt münden.

Geschrieben von:

Michael Wendl
Michael Wendl

Mitherausgeber von »Sozialismus«

Hinweis

Guter Journalismus ist nicht umsonst…

Die Inhalte auf oxiblog.de sind grundsätzlich kostenlos. Aber auch wir brauchen finanzielle Ressourcen, um oxiblog.de mit journalistischen Inhalten zu füllen. Unterstützen Sie OXI und machen Sie unabhängigen, linken Wirtschaftsjournalismus möglich.

Zahlungsmethode

Betrag