Umverteilung und Demokratisierung: Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik stellt Memorandum vor
Die Fortsetzung der Schwarze-Null-Politik durch die Große Koalition steht im Zentrum der Kritik des aktuellen »Memorandums« der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Die kritischen Ökonomen fordern eine deutliche Kurswende – weg von der »sinnlosen Spar- und Kürzungsideologie«.
»Die neue GroKo ist die alte GroKo«, lautet das Urteil der kritischen Ökonomen in ihrem neuesten Memorandum: Immer noch verharre die Regierung »in einem neoliberalen Denken. Der Markt ist gut, der Staat ist schlecht«. Dafür stehe vor allem die auf strikte Konsolidierung ausgerichtete Haushaltspolitik, für die Arbeitsgruppe ein Kurs aus der »ökonomischen Mottenkiste des vorherigen Jahrhunderts der 1920er«. Die Debatte werde bisweilen so geführt, »als hätte es nie in der Wirtschaftswissenschaft einen Keynesianismus gegeben«.
Die Arbeitsgruppe – Hintergründe gibt es hier – verweist unter anderem auf die »hohen gesellschaftlichen Kosten« einer solchen Politik, die »mittlerweile fast alle Lebensbereiche« erreicht hätten. »Von verrotteter Infrastruktur, die bis zur Deutschen Bundesbahn reicht, über Wohnungsnot, Pflegenotstand, und nicht hinreichenden Bildungsausgaben sowie einer nur halbherzigen Klimaschutzpolitik. Dafür steigt aber die Armut im Land und es wird in einer unerträglichen Weise über angeblich zu hohe Hartz-IV-Sätze schwadroniert. So werden die Probleme nicht gelöst, sondern sie werden sich zukünftig noch verschärfen«, beklagen die kritischen Ökonomen.
Ihrem Namen Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik entsprechend wird zugleich ein Kontrastprogramm zum Kurs von Olaf Scholz und Angela Merkel vorgeschlagen – Motto: Ein Ausweg aus der »sinnlosen Spar- und Kürzungsideologie« ist nicht nur möglich, sondern auch dringend geboten. Dies gelte nich nur für die Bundesrepublik, auch auf europäischer Ebene, wo Berlin gern dominiert, sei ein wirtschaftspolitischer Pfadwechsel mehr als geboten. Hierzulande gehe »es wesentlich um eine Stärkung der Binnennachfrage und damit um höhere Einkommen für die abhängig Beschäftigten und mehr Staatsausgaben«. Damit soll auch etwas gegen die chronischen Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands getan werden, die »auf binnenwirtschaftliche Schieflagen« zurückgehen und in Europa zu Lasten der Beschäftigten anderer Länder.
»Dauerhaft und sinnlos wird in Deutschland wesentlich mehr produziert als verbraucht, während wichtige binnenwirtschaftliche Bereiche wie Infrastruktur, Pflege, Bildung und das bezahlbare Wohnen auf Basis eines öffentlichen Wohnungsbaus sträflich vernachlässigt werden. Millionenfache prekäre Beschäftigungsverhältnisse haben zu Armutslöhnen geführt und sorgen später für eine Altersarmut.« Die Arbeitsgruppe warnte zugleich vor den politischen Auswirkungen der fortgesetzten Wirtschaftspolitik: »Frustriert« würden sich Bürger »von der etablierten Politik« abwenden. »Für die Demokratie hypergefährliche nationale Ideen finden immer mehr Gehör«, so die Ökonomen.
In dem von Mechthild Schrooten und Heinz-J. Bontrup vorgestellten »Memorandum« wird der Blick auch auf die systemischen Schieflagen der Ökonomie gelenkt: »Allein im letzten Jahr wurden in Deutschland über 2,3 Billionen Euro an verteilbarer Wertschöpfung produziert«, heißt es da – für gesellschaftlich nützliche Ausgaben und eine deutliche Anhebung der unteren Einkommen wäre also genug da: »Die Verteilungsfrage ist das Kernproblem in Deutschland.«
Die Schlussfolgerungen der Arbeitsgruppe: »Die Arbeitsentgelte müssen steigen, die Arbeitszeiten verkürzt und der Sozialstaat aus- statt abgebaut werden. Zur Finanzierung müssen die Steuern kräftig steigen. Die vielbeklagte Staatsverschuldung hat in der Vergangenheit in zu niedrig erhobenen Steuern ihre wesentliche Ursache. Deshalb müssen der Spitzensteuersatz und die Unternehmenssteuern erhöht werden. Außerdem muss eine einmalige Vermögensabgabe erhoben und die sofortige Wiedereinführung der Vermögensteuer umgesetzt werden. Damit kann dann, neben zusätzlicher Staatsverschuldung, ein öffentliches Investitionsprogramm von mindestens 120 Milliarden Euro finanziert werden.« Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik mahnte bei der Präsentation zudem »eine Demokratisierung der Wirtschaft« an. Die 40 Millionen abhängig Beschäftigten müssten »endlich in der Wirtschaft, gleichberechtigt zum Kapital, mitbestimmen können«.
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