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Vermögensteuer? Grüne lassen Federn: der OXI-Überblick zu den Jamaika-Sondierungen

25.10.2017
Bjoertvedt, Lizenz: CC BY-SA 3.0 DEBundesfinanzministerium

Union, Freidemokraten und Grüne haben sich auf erste Eckpunkte der Finanzpolitik verständigt. Die einen sehen darin die Festlegung auf die Schwarze Null, die anderen meinen, das sei noch gar nicht klar. Sicher dürfte aber schon sein: eine Vermögensteuer wird es mit Jamaika nicht geben.

Union, Freidemokraten und Grüne wollen keine neuen Substanzsteuern einführen und die Schuldenbremse einhalten. Das ist keine besondere Überraschung, markiert aber erste Positionsverschiebungen in den Sondierungen zu einer Jamaika-Koalition: die von den Grünen im Wahlprogramm angestrebte Wiedererhebung der Vermögensteuer dürfte damit vom Tisch sein; Union und FDP sehen in einem Papier, das die Ergebnisse der  stundenlangen Verhandlungen fixiert, zudem eine Einigung auf eine Schwarze Null, das heißt, auf vier weitere Jahre Haushaltspolitik ohne neue Kreditaufnahmen.

In dem Papier heißt es allerdings auch, unter den beiden oben genannten Kernvorgaben wolle man die bisherige mittelfristige Finanzplanung überprüfen und dann finanzielle Spielräume ausloten. Das wird von den Grünen auch mit Blick auf die Schwarze Null als Hintertür interpretiert: Die Vereinbarungen stünden »unter dem Vorbehalt, dass wir eine Finanzplanung bekommen, und dass das finanzierbar ist«, wird Jürgen Trittin von der Nachrichtenagentur dpa zitiert – der Altlinke koordiniert für die Grünen das Thema Finanzen in den Jamaika-Sondierungen. »Da das Bundesfinanzministerium noch keine Finanzplanung vorgelegt habe, sei nicht klar, ob die Absage an neue Schulden finanzierbar sei«, formuliert die Deutsche Presse-Agentur weiter. Zuvor hatte bereits der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer daran erinnert: »Die Schuldenbremse muss die Bundesregierung, die schwarze Null kann sie einhalten.«

Ungeachtet dessen meldet die Deutsche Presse-Agentur am Mittwochmorgen, die möglichen Regierungspartner seien »fest entschlossen, auch künftig einen ausgeglichenen Haushalt einzuhalten und keine neuen Schulden zu machen«. Die Frage der Schwarzen Null ist freilich auch innerhalb der Grünen nicht unumstritten, Trittin und Bütikofer sind einer expansiven Haushaltspolitik eher zugeneigt als der Flügel um Parteichef Cem Özdemir.

Der hatte vor Beginn des Gesprächs am Dienstagabend gefordert, Investitionen in die Infrastruktur sowie gezielten Entlastungen einen Vorrang einzuräumen. Özdemir nannte Schienen und Straßen, Schulen und schnelles Internet in ländlichen Räumen. Und er sagte: »Wenn man keine Neuverschuldung möchte und wenn man gleichzeitig investieren möchte in Infrastruktur, dann kann man nicht gleichzeitig die Ausgabenspirale beliebig aufdrehen.«

Keine Vermögensteuer – eine »finanzpolitische Niederlage«

Die Grünen reden hier aber an einer – erwarteten – Niederlage vorbei: eine Wiedererhebung der Vermögensteuer wird es nicht geben. Auch eine härtere Besteuerung hoher Erbschaften dürfte nicht ins Programm von Jamaika gelangen. Dies sei »keine Überraschung«, twitterte der Taz-Grünenexperte Ulrich Schulte am Mittwochmorgen, aber eine »finanzpolitische Niederlage«.

Im Wahlprogramm der Partei hatte es noch geheißen, man strebe »eine verfassungsfeste, ergiebige und umsetzbare Vermögenssteuer für Superreiche« an. Auch die Erbschaftssteuer wollte man, »sollte sie abermals vor dem Bundesverfassungsgericht scheitern«, durch »ein einfaches und gerechtes Erbschaftssteuermodell« ersetzen. Zudem standen Änderungen bei der Besteuerung von Kapitalerträgen auf dem Wunschzettel der Grünen. In einem Zehn-Punkte-Papier »für grünes Regieren« waren die steuerpolitischen Forderungen schon nicht mehr verzeichnet.

Der Chef des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, Gustav Horn, hatte zuvor noch einmal erklärt, es führe »kein Weg an einer härteren Erbschaftsteuer oder der Wiederanwendung der Vermögensteuer vorbei, will man die Ungleichheit am oberen Rand begrenzen«. Zudem nannte er zur Bekämpfung der Immobilienspekulation, »die eine Quelle großer Vermögen auf Kosten der Allgemeinheit ist«, die Einführung einer Bodenwertsteuer sinnvoll. Davon ist nun ebenfalls keine Rede.

Mögliche Entlastungen unter einem Jamaika-Bündnis

Worauf hat sich die Jamaika-Sondierungsrunde nun erst einmal geeinigt? Mögliche Entlastungen könnte es geben für Familien mit Kindern sowie von Beziehern unterer und mittlerer Einkommen. Zudem soll der Solidaritätszuschlag abgebaut werden, wobei aber kein Zeitrahmen genannt wird. Union und FDP wollten die Abschaffung ab 2020 bzw. schon bis 2019. Weitere Punkte auf dem Verhandlerzettel sind: Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung; die Förderung des Mietwohnungsbaus einschließlich der Umwandlung landwirtschaftlicher Flächen. Die Union will hier einen Erlass der Grunderwerbsteuer beim Erstkauf eines Eigenheims, die Freidemokraten streben einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von bis zu 500.000 Euro an.

Weitere Punkte: Verbesserung der degressiven Steuer-Abschreibung für die Abnutzung von Anlagenkapital; die Einführung einer steuerlichen Forschungs- und Entwicklungsförderung; der Abbau von Subventionen, wobei es dazu ergänzend heißt, diese sollten insbesondere dann überprüft werden, wenn sie »den Klimazielen widersprechen«.

Thema Investitionen ausgelagert

Das Thema Investitionen, das den grünen besonders wichtig war, wurde sozusagen ausgelagert. In dem Papier heißt es, »den Investitionsbedarf wollen wir in den elf weiteren Themenbereichen ermitteln und aufeinander abstimmen«. Wie es zu Sondierungen gehört, soll auch der Ton der ersten Reaktionen die künftige Musik mitbestimmen. Freidemokrat Christian Lindner sprach bereits davon, dies »könnte« eine »finanzpolitische Trendwende werden«. Daraufhin Bütikofer von den Grünen: »Die Liste sagt klar, was wir klären werden. Noch nicht: Wie wir sie klären werden. Aus Grüner Sicht müssen Investitionen Priorität haben.«

Unterdessen warnte das Bundesfinanzministerium davor, den finanziellen Spielraum durch mögliche Privatisierungen zu überschätzen. Wie das Haus mitteilte, könnten solche Einmalerlöse nur sehr begrenzt für neue Ausgaben genutzt werden, denn sie würden in das strukturelle Defizit eingerechnet, berichtet das »Handelsblatt«. In der Jamaika-Runde ist die Idee, durch den Verkauf von Bundesanteilen an Telekom und/oder Post Mittel etwa für den Breitbandausbau zu erlösen, populär.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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