Wirtschaft
anders denken.

»Vernünftige linke Politik«? Kritik am »Wirtschaftspopulismus«? Und eine Marx-Reihe im Radio: der OXI-Kiosk

04.04.2018
Pexels / Pixabay

Hier gibt es was auf die Augen und Ohren: Welche neuen Bücher sollte man gelesen haben? Welche alten Schinken sind noch lesenswert? Was macht das Radio zu kritischer Ökonomie? Es gibt wieder neue Empfehlungen aus dem OXI-Kiosk.

Im Deutschlandradio trifft Marx auf Politik

Im Deutschlandradio hat unlängst eine Sendereihe begonnen, die sich mit einem Autor befasst, den Sinn und Hüther sicher gelesen haben, was aber nicht großen Einfluss auf ihr Reden hatte: »Marx trifft auf Politik«. Das ist eine wirklich gute Idee, der Sender bringt Sachbuchautoren mit Politikern der im Bundestag vertretenen Parteien zusammen. Die einleitende Frage »Ist der Marxismus tot?« hätte man sich sparen können, wer in den vergangenen anderthalb Jahren nicht Medienabstinenz betrieben hat, weiß ja, dass es sich immer noch um ein doch recht großes Thema handelt. Und Marx ist nicht unbedingt dasselbe wie Marxismus. Aber zurück zum Deutschlandradio: Da verteidigt dann ein CDU-Abgeordneter den Alten aus Trier gegen seinen Biografen, »weil ich schon den Eindruck habe, dass das Grundanliegen von Marx ein emanzipatorisches durchaus gewesen ist«. Und ein Außenstaatssekretär der SPD sagt, was man angesichts des Auftretens der realen Sozialdemokratie erstaunlich finden mag: »Die Verfügbarkeit über die Produktionsmittel, die Frage, wer eigentlich die gesellschaftliche Macht in Händen hält, die hängt heute auch nach wie vor sehr stark von der Struktur unserer Wirtschaftsordnung ab.« Im kommenden, dritten Teil am 7. April tritt dann allerdings ein AfD-Hausphilosoph an, zum Thema zu sprechen. Das hat Marx nicht verdient. Gespannt sein darf man hingegen, was Dietmar Bartsch zu »Marx in Paris« zu sagen hat, und wenn Gregor Gysi als Fragesteller zum Thema »Marx und wir« vors Rohr bekommt. Es ist jemand von der CSU dabei, mehr steht noch nicht fest. 

Milanović über »vernünftige linke Politik«

Apropos Linke. Für das ipg-journal.de hat Anja Papenfuß den Ökonomen Branko Milanović unter anderem über wachsende Ungleichheit und die Gefahren für die Demokratie befragt. »Was würden Sie empfehlen, um diese Entwicklung umzudrehen?« Darauf sagt Milanović, man müsse als erstes »die Konzentration des Kapitals rückgängig machen, denn der Anteil des Kapitals am Nettogesamteinkommen steigt. Wenn das Kapital weiterhin stark gebündelt ist, wird unsere Gesellschaft automatisch ungleicher. Zweitens müssen wir allen Menschen dieselben hervorragenden Bildungschancen eröffnen.« Das läuft letzten Endes auf ein Plädoyer für mehr Konzentration auf die Primärverteilung hinaus, auch wenn es hier in ein chancengerechtigkeitstheoretisches Argument gekleidet wird: Würde »allen eine vergleichbare Startposition« garantiert, würde sich das auf die Verteilung der zunächst erzielten Einkommen auswirken – es müsste danach nicht so viel sekundär umverteilt werden. Auch für eine Erbschaftsbesteuerung plädiert Milanović: »Das könnte eine vernünftige linke Politik sein: Man konzentriert sich stärker auf das Stadium, das vor der Umverteilung liegt. Das ist dann eine grundlegendere Gleichheit, als wenn man Geld, das bereits erwirtschaftet wurde, einfach nur umverteilt.«

»Pure Panikmache und Wirtschaftspopulismus«

Es gibt natürlich ziemlich starke Interessen dagegen. Manches ist darüber schon oft gesagt worden, aber es gibt gute Gründe, es immer wieder zu sagen: Nicht alles, was »Wirtschaftsexperten« zum Besten geben, sollte man glauben. In der »Welt« ist jetzt eine Kolumne von Daniel Saurenz aus der »Bilanz« erschienen, die das am Beispiel von Äußerungen Hans-Werner Sinns und Michael Hüthers illustriert, dem Chef des unternehmensnahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Diese würden »pure Panikmache und Wirtschaftspopulismus« betreiben, zudem spielten deren Einlassungen über die angebliche Gefahren der Mindestlohn-Einführung oder der Behauptung, dass die soziale Schere nicht auseinanderklafft, »ökonomisch schlechter Gestellte gegeneinander aus«. Gustav A. Horn vom gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung meint dazu knapp: »Eine berechtigte Kritik des untergehenden alten Mainstreams.«

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