Wirtschaft
anders denken.

VW im Würgegriff der schiefen Metaphern

17.08.2016

Hinterhältiger Überfall auf den Volkswagen-Konzern! Wer schnürt VW da die Luft ab, der Dieseltreibstoff? Der »Heimatmarkt«? Und kann man sich eigentlich selbst würgen? Ein Handelsblatt-Bericht, der viele Fragen aufwirft.

»Volkswagen ist noch immer im Würgegriff der Diesel-Affäre«, schreibt das Handelsblatt am 12. August 2016 und begründet die hübsche Metapher mit Zahlen und Fakten über weniger verkaufte Autos als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Judo-Hoffnung Luise Malzahn hat in Rio im Würgegriff das Bewusstsein verloren und musste ihre Hoffnung auf eine Medaille begraben. Ein Würgegriff ist etwas Fieses. Eine Technik, bei der dem Gegner die Luft- und damit Sauerstoffzufuhr abgeschnürt wird, so lange, bis er kampfunfähig ist. Und das uns und unserem deutschesten aller deutschen Produkte überhaupt! Die Frage ist, ob sich jemand selbst in den Würgegriff nehmen kann. Geht wahrscheinlich schon, aber das meint das Handelsblatt hier nicht. Stattdessen sagt die Zeitung, die Affäre würge Volkswagen, der Konzern ist also gerade einem Gegner ausgesetzt, der ihn am Atmen hindert. Sogar »am Heimatmarkt Deutschland« ginge es bergab. Du meine Güte. Die Heimat, der Markt und VW im Stich gelassen, bzw. von einer Affäre gewürgt, die irgendwie vom Himmel gefallen scheint. Alles ziemlich schlimm. Noch schlimmer, dass »die Stütze des Verkaufs« der chinesische Markt geworden ist, denn: »In einigen europäischen Kernmärkten hätten sich außerdem die Käufer wegen veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen zurückgehalten. So trübte in Großbritannien die Volksabstimmung zum Brexit Ende Juni die Kauflaune.«

Kann es nicht vielleicht auch sein – nur so eine theoretische Frage – dass die »Kauflaune«, wenn es um Dieselautos von VW geht, getrübt ist, weil der Laden seine Käuferinnen und Käufer betrogen hat? Und kann es sein, dass Volkswagen sich nicht im Würgegriff einer Affäre befindet, stattdessen im Sog einer selbstverschuldeten Sauerei, in deren Ergebnis eine Menge Menschen darauf verzichten, einen Volkswagen zu kaufen? Ist es möglich, dass wir es hier nicht mit einer – O-Ton Handelsblatt – »Dieselkrise« zu tun haben, stattdessen mit dem Ergebnis von Betrug zwecks Profitmaximierung? Und wäre denkbar, dass die Rede von der Bewältigung der »Diesel-Affäre«, die laut Handelsblatt vor allem die Taschen der Kläger-Anwälte füllt, irgendwie an der Sache vorbei geht? Weil Diesel ganz bestimmt keine Affäre, stattdessen Volkswagen ein veritables Imageproblem hat?

Das weiß nur das Handelsblatt, das uns in den Würgegriff seiner schiefen Metaphern nimmt.

Geschrieben von:

Kathrin Gerlof

OXI-Redakteurin

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