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Wirtschaft, [die]; Frauen, [die]

03.03.2017
Frau in Pink hat Stein in Hand und versucht ein Fernsehgerät damit zu zerschlagenFoto: Julia NowakÖkonomische Zusammenhänge auf den zweiten Blick

Es ist heikel, ausgerechnet im März, dem Monat des Internationalen Frauentages, das Titelthema der Zeitung OXI der Frage zu widmen, wie Frauen Wirtschaft denken und machen, was feministische Ökonominnen leisten und geleistet haben, ob Unternehmerinnen anders agieren und wenn ja, wie.

Heikel deshalb, weil es so anlassbezogen wirkt und demzufolge Gefahr läuft, schon wieder Nische zu sein. Früher hießen die Nischen in den Blättern »Frauenseiten“. Zu Zeiten, als Männer am 8. März Kaffee kochten, Reden darüber hielten, dass Frauen überall ihren Mann stehen, Blumen schenkten und über Gleichberechtigung schwafelten. Heikel auch deshalb, weil die traditionelle Wirtschaftswissenschaft seit jeher ein großes Ausschlusskriterium pflegt: Frauen haben da nichts zu suchen. Und da läuft eine Zeitung, die das alles dann mal zum Titel macht, natürlich Gefahr, sich des Themas somit elegant entledigt zu haben. So ist das aber weder gedacht noch gewollt.

Wie Frauen wirtschaften: Höchste Zeit, laut zu werden.

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Wir sehen die Märzausgabe als Auftakt. Überfällig, denn auch in unserer Zeitung erklären bisher vergleichsweise sehr viele Männer, wie wir Wirtschaft zu denken und zu kritisieren haben. Obwohl Feministinnen die besten Voraussetzungen geschaffen haben, über die Grundlagen unserer Gesellschaft zu diskutieren, sie neu zu formulieren und für dieses Neue zu kämpfen. Schließlich verfügen sie über die größte Erfahrung, das gesellschaftliche Miteinander jenseits der Arbeit für Geld zu organisieren und nachhaltig zu gestalten. Und nur weil ihre ökonomischen Expertisen in der Öffentlichkeit so wenig dargestellt werden, heißt da nicht, dass es sie nicht gibt.

Die aktuellen Bücher der Volkswirtschaftslehre kennen keine Ökonominnen. Geschichtsschreibung ist männerzentriert, demzufolge vergisst sie, dass es eine wie Harriet Taylor Mill gegeben hat, eine Jane Marcet oder Harriet Martineau. Das Verschweigen ist strategisch und natürlich zielführend: Geschlechterverhältnisse müssen nicht thematisiert werden, wenn die Deutungshoheit bei Männern liegt. Und jener unendlich große, unbezahlte Teil der Ökonomie in Form von Haus- und Subsistenzarbeit braucht bei der Betrachtung der sogenannten Wertschöpfungsprozesse gar nicht erst betrachtet zu werden. Aus Sicht der Männer macht dies die ganze Angelegenheit (ist ja sowieso schon alles kompliziert genug) erfrischend einfach.

Aktuelle Bücher der Volkswirtschaftslehre kennen keine Ökonominnen. Höchste Zeit, laut zu werden.

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Die Feministische Ökonomie betrachtet alle von der traditionellen Wirtschaftswissenschaft ausgeblendeten Bereiche ökonomischer Zusammenhänge im Kontext zur bisherigen weiblichen Rollenzuschreibung durch Männer und ökonomische Modelle. Sie macht den unbezahlten Bereich der Ökonomie sichtbar, behandelt ihn als wesentlich für den Wertschöpfungsprozess der Gesellschaft, nimmt die Situation von Frauen am Arbeitsmarkt, als Unternehmerinnen und Arbeitnehmerinnen in den Blick, ebenso die Prozesse der Produktion, Verteilung, Konsumtion, Investition und Reproduktion. Sie übt grundlegende Kritik am Kapitalismus und seinen ökonomischen Instrumenten. Viele feministische Ökonominnen sind also Umstürzlerinnen. Darauf zu warten, dass sich das endlich mal rumschweigt, ist vergebliche Liebesmüh‘. Höchste Zeit, laut zu werden.

OXI ist ab 7. März am Kiosk oder als Abo hier erhältlich.

Geschrieben von:

Kathrin Gerlof

OXI-Redakteurin

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