Wirtschaft
anders denken.

Merkel und der Scheich: Katar im OXI-Überblick

15.09.2017
Jaseem Hamza, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Angela Merkel hat Scheich Tamim bin Hamad al-Thani in Berlin empfangen, den Emir von Katar. Es ging um die Krise am Golf – und natürlich auch um die Wirtschaftsbeziehungen. Welche Rolle spielt das Öl-Emirat?

Angela Merkel hat am Freitag Scheich Tamim bin Hamad al-Thani in Berlin empfangen – den Emir von Katar. Die Berichterstattung über das Treffen wird von der Krise dominiert, die vor allem eine Saudi-Arabien und andere arabische Staaten auf der einen sowie Katar auf der anderen Seite ist. Dem Golfemirat wird Terrorunterstützung vorgeworfen, das Land soll den in der Region einflussreichen Nachrichtensenders Al-Dschasira schließen und seine Beziehungen zum Iran herunterfahren. Hier liegt auch der Schlüssel zum geopolitischen Verständnis der Krise. Merkel pochte auf eine diplomatische Lösung, die aber, so die Kanzlerin, »produziert man nicht auf dem Marktplatz«.

Das ist das Stichwort für das Interesse der Bundesregierung in der Frage: Denn das Emirat hält wichtige Finanzbeteiligung an deutschen Konzernen. Dabei soll es auch bleiben, wie der Scheich in Berlin bekräftigte. Unruhe löst die schwelende Krise mit den arabischen Staaten aber dennoch aus, immerhin geht es für die deutsche Wirtschaft um einiges. Katar ist über zwei Investmentgesellschaften insgesamt mit 6,1 Prozent an der Deutschen Bank beteiligt. Noch größer ist der Anteil Katars an Volkswagen – 15 Prozent der Anteile gehören dem Golfemirat, es ist hier über den Staatsfonds Qatar Investment Authority QIA drittgrößter Hauptaktionär. »Zöge Katar seine Petrodollars ab, könnte das den Unternehmen schaden«, schreibt das »Handelsblatt«.

In Katar sind 200 deutsche Firmen vertreten

Laut Germany Trade & Invest verwaltet QIA insgesamt zwischen 250 und 330 Milliarden US-Dollar und gehört damit zu den zehn größten der Welt. Ziel ist, Gelder aus dem Öl- und Gasgeschäft anzulegen. »Bei Hapag Lloyd wird die QIA mit 14,4 Prozent Kapitalanteil geführt. Auch Konzerne wie Hochtief, Porsche und Solarworld haben Erfahrungen mit katarischen Aktionären«, berichtete im Juni der Sender ntv. Zudem sei das Emirat auf den Immobilienmärkten aktiv, kaufe Ländereien, Wälder, Anleihen und andere Finanzinstrumente.

In Katar selbst sind rund 200 deutsche Firmen vertreten. »Die deutsche Handelskammer führt 64 Firmen aus Deutschland an, die in Katars Hauptstadt Doha einen Sitz haben – dazu zählen renommierte Firmen wie Allianz, Audi, Deutsche Bank, BMW, Siemens, Thyssen Krupp, Solar World und Winterschall«, heißt es bei der Botschaft Katars in Berlin. Man sei »ein zentraler Partner für Deutschland im Nahen Osten«. Ende 2009 hat die Deutsche Bahn den Auftrag erhalten, in Katar ein 325 Kilometer umfassendes Schienenverkehrsnetz aufzubauen.

Das Handelsvolumen der deutschen Wirtschaft in das Land betrug 2016 rund 2,5 Milliarden Euro – darunter waren rund 2,16 Milliarden Euro Exporte vor allem von Kraftfahrzeugen, Anlagen sowie Maschinen und Importe im Umfang von 388 Millionen Euro. Damit liegt Katar auf liegt auf Platz 52 der deutschen Außenhandelsliste. Bilaterale Kooperationen gibt es im Energiebereich, das Auswärtige Amt in Berlin spricht von einem »Marktpotenzial für deutsche Unternehmen« in der Chemie- und Baubranche sowie in der Umwelt- und Medizintechnik.

Katar und die Gastarbeiter auf den WM-Baustellen

Katar war wegen der inakzeptablen Bedingungen auf den Baustellen der Fußball-WM lange Zeit in der Kritik, es gab Todesfälle unter Gastarbeitern aus Ländern wie Bangladesch, Indien oder Nepal und unzumutbare Unterkünfte. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sprach von »unmenschlicher und lebensgefährlicher« Lage und verlangte sichere Arbeitsbedingungen. 2016 wurde von der internationalen Vereinigung der Bauarbeiter-Gewerkschaften ein Abkommen mit dem Obersten Ausschuss für die WM in Katar unterzeichnet, das die Bedingungen für Tausende Bauarbeiter verbessern sollte.

Die Lage für die Gastarbeiter war nun auch beim Scheichbesuch in Berlin noch einmal Thema. Merkel sagte, »wir wollen, dass die Gastarbeiter besser behandelt werden« und sprach von einem »Reformprozess«, der »auch fortgesetzt« werden sollte. Amnesty International hatte diese Reformen als nicht ausreichend bezeichnet.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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