Wirtschaft
anders denken.

Zu wenig Lehrer? Zu viel Arbeit für die Lehrer! Über zwei Studien

31.01.2018
Jorge Royan  / http://www.royan.com.ar, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Was wäre denn gegen den Lehrermangel, der jetzt wieder beklagt wird, zu tun? Mehr Lehrer kommen nur, wenn Gehalt und Arbeitsbedingungen entsprechend sind. Doch an Schulen sind überlange Arbeitszeiten die Regel, das zeigt eine andere Studie. Wer immerzu die Bildung hochleben lässt, müsste hier handeln.

Am Dienstag macht eine Studie über den kommenden Lehrermangel an Grundschulen weithin Schlagzeilen: Wie die Bertelsmann-Stiftung vorrechnet, werden bis zum Jahr 2025 rund 35.000 Lehrende fehlen. Die Zahl der derzeit Studierenden reicht nicht aus, um die Lücken zu füllen, die durch steigende Schülerzahlen, Pensionierungen und den Ausbau von Ganztagsschulen entstehen. Nun wird danach gerufen, »schnellstmöglich über Maßnahmen« zu diskutieren, zugleich aber eingestanden, dass dies »generell Notlösungen sein werden«, wie Susanne Miller es formuliert, die zum Schwerpunkt Grundschulpädagogik an der Uni Bielefeld forscht.

Bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft ist man natürlich auch alarmiert. »Der Lehrkräftemangel an Grundschulen ist dramatisch«, heißt es dort unter Berufung auf eine aktuelle Abfrage der Landesverbände der GEW: Bundesweit konnten demnach »an die 2.000 Stellen nicht besetzt« werden, rund 1.000 Schulleitungsstellen an Grundschulen seien verwaist. Die besorgniserregende Lage ist laut Gewerkschaft »der Preis dafür, dass über Jahre zu wenige Lehrkräfte für das Grundschullehramt ausgebildet« wurden.

Und es geht keineswegs nur um die Grundschulen. Die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe sagt, »dass der Lehrkräftemangel nicht allein die Grundschulen« trifft. Natürlich hat das Ursachen: Damit mehr junge Menschen ein Lehramtsstudium aufnehmen, müsse der Beruf attraktiver gemacht werden. Es geht um Arbeitsbedingungen, die Bezahlung und nicht zuletzt die Arbeitszeit.

Sieben-Tage-Woche in der Schulzeit quasi obligatorisch

Wie es um letztere bestellt ist zeigte gerade eine aktuelle Auswertung von »Zeiterfassungsstudien zur Arbeitszeit von Lehrkräften in Deutschland«. Ein Ergebnis: Lehrkräfte hierzulande arbeiten im Durchschnitt länger als vergleichbare Beschäftigte im öffentlichen Dienst. »Im Schnitt arbeiten Lehrerinnen und Lehrer an Grundschulen, Gesamtschulen und Gymnasien 48:18 Stunden wöchentlich gegenüber der Vergleichsbasis von 46:38 Stunden, die sich rechnerisch ergibt, wenn man die 40-Stunden-Woche der Verwaltungsbeamten auf die Schulwochen umrechnet«, heißt es bei der GEW – die eine umgehende Entlastung der Lehrkräfte forderte.

Denn: Überlange Arbeitszeiten, das war hier schon mehrfach Thema, gefährden »nicht zuletzt die Gesundheit vieler Betroffener«. Es fehlten »Erholungsmöglichkeiten in den Schulpausen, die Sieben-Tage-Woche ist in der Schulzeit quasi obligatorisch und die Entgrenzung der Arbeitszeit ist fast die Regel«, so der Göttinger Sozialwissenschaftler Frank Mußmann, der zusammen mit Thomas Hardwig die Studien ausgewertet hat.

Es geht dabei auch um ein paar grundsätzliche Dinge, etwa mit der Behauptung Schluss zu machen, die Arbeitszeitermittlung sei bei Lehrkräften aufgrund der Schwierigkeiten bei der Abgrenzung fast unmöglich. »Sie ist sehr wohl bestimmbar«, so GEW-Chefin Tepe mit Blick auf die Studien. »Und sie ist im Durchschnitt der drei genannten Schulformen deutlich zu hoch.« Dafür gibt es viele Gründe, unter anderem, weil den Lehrkräften »ständig weitere Aufgaben draufgesattelt« würden ohne dass die Pflichtstundenzahl grundlegend reduziert wurde. Ein Ausweg? Mehr Lehrkräfte. Die bekommt man aber nur, wenn Gehalt und Arbeitsbedingungen entsprechend sind.

Geschrieben von:

OXI Redaktion

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